Seite - 307 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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4.3. Exkurs: Anton Lutz und die Unbeliebtheit von Gemeindeämtern 307
Als ähnlich beschwerlich wie Gerichtskassiers- und Gemeindevorsteheramt er-
schien Pfurtscheller wohl auch seine bereits angesprochene Tätigkeit als Kirchen-
propst. So suchte er Ende des Jahres 1830 im Zuge seiner Jahresabschlussrechnung
für die St.-Vitus-Kirche Fulpmes nach nur einem Jahr um Entlassung aus seinem
Amt an:
„Zugleich wird um Revision dieser Rechnung und um entlassung aus diesen müheseligen
Amte flehentlich gebethen!“79
4.3. Exkurs: Anton Lutz und die Unbeliebtheit von Gemeindeämtern
Der Eindruck der Unbeliebtheit der Gemeindeämter verstärkt sich noch angesichts
der Quellen zur Gemeindeausschusswahl in Fulpmes Ende November 1831. Ge-
meindevorsteher Anton Lutz hatte zuvor gebeten, gemeinsam mit Gemeindekassier
Johann Schmied und den beiden Beisitzern Jakob Pretzl und Joseph Grießer, aus
seinem Amt entlassen zu werden, sie hätten „Volle drey Jahre unsere [ihre] schul-
digkeit getan“.80 Als Lutz dann in der folgenden Abstimmung am 29. November
wiedergewählt wurde, legte er Protest ein. Er weigerte sich, das Amt für weitere drei
Jahre zu übernehmen. Ein weiteres Jahr würde er, so sein Vorschlag, im Namen des
Georg Denifle – dieser hatte nach Lutz die meisten Stimmen erhalten – im Amt blei-
ben. Die restliche Zeit sollte jedoch Denifle erfüllen. Die gesetzliche Verpflichtung
belaufe sich lediglich auf ein Jahr, entgegnete dieser, er würde keinesfalls länger im
Amt bleiben. Trotz der Weigerung Denifles blieb Lutz schließlich ein weiteres Jahr
Gemeindevorsteher.81 Im November 1832 musste dann jedoch tatsächlich wieder ein
nen Verlegung des Gerichtssitzes von Schönberg nach Matrei waren von Pfurtscheller eingereichte
Rechnungen unerledigt – und daher auch ungenehmigt – liegengeblieben. (Vgl. LG Matrei an KA
Schwaz, 8. Juli 1817, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35, 1800–1827 (loses, ungeordnetes Ak-
tenmaterial).)
79 Vgl. Jahresabschlussrechnung St.-Vitus-Kirche Fulpmes 1830, 20. Dezember 1830, TLA, Aktenserie
LG Mieders, Fasz. 38, 1828–1830, „LG Stubai 1830 – alle Abteilungen“. – Die „Verpflichtung“ Mi-
chael Pfurtschellers zum Kirchenpropst geht aus der Jahresabschlussrechnung der St.-Vitus-Kirche
für 1829 hervor: Jahresabschlussrechnung St.-Vitus-Kirche Fulpmes 1829, 29. Januar 1830, TLA,
Aktenserie LG Mieders, Fasz. 38, 1828–1830, „LG Stubai 1830 – alle Abteilungen“.
80 Vgl. Ansuchen um Entlassung des Gemeindeausschusses, 16. November 1831, TLA, Aktenserie LG
Mieders, Fasz. 39, 1831, Abt. III.
81 Vgl. Wahlprotokoll Gemeindeausschuss Fulpmes, 29. November 1831, TLA, Aktenserie LG Mie-
ders, Fasz. 39, 1831, Abt. III; sowie: Kompromiss Anton Lutz-Georg Denifl, 6. Dezember 1831,
TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 39, 1831, Abt. III.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435