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88 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„Demnach rathe ich wohlmeinend daß unsere Landes Vertheidiger durch Eilbothen vom
Amras Rinn und Tulfes und Volderer Brücke – Schriftlich Haim zu berufen werden, welche
sich aber wie Anno 1805 nur ganz ruhig betragen möchten.“144
3.3. 1809
3.3.1. Der europäische Rahmen
In den folgenden Jahren trieb Napoleon seine Expansionsbestrebungen weiter vo-
ran. Im Frieden von Tilsit im Jahr 1807 musste Preußen, dessen Position durch die
Niederlage in der Schlacht von Jena und Auerstädt geschwächt war, massive Gebiets-
verluste hinnehmen. In Spanien setzte Napoleon nach der von ihm erzwungenen
Abdankung der Bourbonen 1808 seinen Bruder Joseph als König ein, jahrelange
militärische Auseinandersetzungen zwischen von britischer Seite unterstützten spani-
schen Aufständischen und französischen Truppen waren die Folge.145
Parallel dazu, und nicht zuletzt unter dem Eindruck der Ereignisse in Spanien,
wurden auch in Wien die Stimmen derer, die einen neuerlichen Krieg gegen den Kai-
ser der Franzosen forderten, immer lauter. Besonders Erzherzog Johann und Außen-
minister Johann Philipp von Stadion hofften auf einen deutschen „Nazionalkrieg“
nach spanischem Vorbild.146 „Das Volk“ sollte sich von Napoleon befreien.147
Am 10. April 1809 überquerten dann die österreichischen Truppen den Inn. Der
Kaiser hatte die größte Armee mobilisiert, die Österreich bis dahin jemals aufgeboten
144 Pfurtscheller an Gemeindevorstehung Fulpmes, 18. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 37.
145 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 111.
146 Reinhard Stauber setzt in seinem Beitrag zu „1809. Neue Forschungen und Perspektiven“ deutlich
auseinander, dass es sich bei dem „Nazionalkrieg“ der Spanier um eine Idee der österreichischen
Propaganda handelte, um eine „Propagandachimäre“. Tatsächlich sei ein „gesamtstaatlich mobili-
sierbarer Patriotismus“ in Spanien nicht gegeben gewesen, so Stauber unter Berufung auf Charles
Esdaile. (Vgl. Reinhard Stauber, Widerstand gegen Napoleon. Tradition, Resistenz und die europäi-
sche Dimension des Aufstandes von 1809, in: 1809. Neue Forschungen und Perspektiven. Tagungs-
beiträge Tiroler Landesarchiv und Universität Innsbruck, Innsbruck, 17. und 18. April 2009 (Veröf-
fentlichungen des Tiroler Landesarchivs 19), hg. v. Ronald Bacher und Richard Schober, Innsbruck
2009, S. 9–22, hier: S. 14; sowie: Charles Esdaile, Popular Mobilisation in Spain, 1808–1810: A
Reassessment, in: Collaboration and Resistance in Napoleonic Europe. State Formation in an Age of
Upheavel, ed. by Michael Rowe, New York 2003, p. 90–106.)
147 Vgl. Brigitte Mazohl, Die Wiener Politik und Tirol in den Jahren 1790–1815, in: Abschied vom
Freiheitskampf? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung (Schlern-Schriften
346), hg. v. Brigitte Mazohl und Bernhard Mertelseder, Innsbruck 2009, S. 27–62, hier: S. 47.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435