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5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater 337
dann zwar einen Teil dieses Vermögens an seine Schwester abzugeben, dennoch
blieb ihm aus den beiden genannten Verlassenschaftsabhandlungen ein enormer
Vermögens- beziehungsweise Besitzzuwachs.103 Zu diesen ererbten Vermögenswer-
ten hinzu kamen außerdem noch die aufgrund des Fehlens diesbezüglicher Quellen
nicht abschätzbaren Erträge aus den seit 1799 von Pfurtscheller geführten Han-
delsgeschäften der Familie sowie Einnahmen aus der Bierschenke und der Krä-
mereihandlung. Im Hinblick auf die eingangs angesprochene Verehelichung mit
Elisabeth Wolf war Michael Pfurtscheller also im Jahre 1814 aus wirtschaftlicher
Sicht sehr wahrscheinlich eine „gute Partie“104.
5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater
5.3.1. Der rechtliche Rahmen
Die Suche nach einer Antwort auf die Frage, welche Rolle Väter zur Zeit Michael
Pfurtschellers – also in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – im Allgemeinen spiel-
ten, ist schwierig. Es ist fraglich, auf welchen Quellen ein pauschales Urteil hinsicht-
lich eines so heterogenen Untersuchungsgegenstandes, der letztlich die sehr intime
innerfamiliäre Sphäre betrifft, basieren kann. Zeitgenössische Rechtstexte eröffnen
einen übersichtlichen Blick darauf, wie der absolutistische Staat an der Wende vom
18. zum 19. Jahrhundert die Rolle „seiner“ Väter definierte. Sie sind jedoch normativ,
das heißt, sie drücken aus, wie sich Väter verhalten, welche Rechte und Pflichten sie
haben sollten. Keinesfalls jedoch sind derartige Rechtstexte als Beschreibungen des
zeitgenössischen Ist-Zustandes zu betrachten.
Welche Erwartungen vonseiten des Staates Michael Pfurtscheller nun in seiner
Rolle als Vater erfüllen sollte, welche Rechte ihm eingeräumt und welche Pflichten
ihm auferlegt wurden, geht – die Jahre der bayerischen Regierung und das in der
Habsburgermonarchie seit 1787 gültige Josephinische Gesetzbuch105 seien hier aus-
geklammert – aus dem 1812 in Kraft getretenen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetz-
buch, kurz ABGB106 hervor. Da Michael Pfurtscheller am 22. Juni 1806 zum ersten
103 Vgl. Verlassenschaftsabhandlung Gertraud Wiesflecker, 7. November 1811, TLA, VB Stubai,
34/245, Registerteil 2, Bl. 1–3. – Michael Pfurtscheller hatte seiner Schwester und seinem Stief-
bruder jeweils rund 5300 Gulden aus dem mütterlichen Erbe mit 3 Prozent zu verzinsen und in
Jahresraten zu je 300 Gulden zu bezahlen.
104 Vgl. Anm. 78.
105 Vgl. JGS Nr. 591/1786 (Patent vom 1. November 1786), S. 71–129.
106 Vgl. Das „Allgemeine[s] bürgerliche[s] Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oes-
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435