Seite - 288 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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288 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
schellers als einziger Quelle hierzu vermuten lässt – wohl an einer Diskussion über
die Reparaturen an einem Gemeindeweg, die Pfurtscheller auf eigene Faust hatte
durchführen lassen und für die er nun wohl finanzielle Unterstützung durch seine
Gemeindenachbarn forderte.
Unabhängig vom Inhalt der Auseinandersetzung im Rahmen der Gemeindever-
sammlung vermittelt dieses Schreiben Pfurtschellers einen Eindruck davon, wie
dieser sich seinen Gemeindenachbarn gegenüber in dieser speziellen Situation posi-
tionierte, vielleicht sogar davon, wie er sich selbst und seine Stellung im Ort wahr-
nahm. Er führte seine Leistungen im Sinne der Allgemeinheit ins Treffen und erwar-
tete Anerkennung und Dankbarkeit dafür, in diesem speziellen Fall vielleicht auch
Entgegenkommen oder Zustimmung in einer ganz bestimmten Frage, über die im
Zuge der angesprochenen Gemeindeversammlung die Meinungen wohl auseinan-
dergegangen waren. Die Einseitigkeit der zitierten Aussagen, und das trifft auf die
dieser Arbeit zugrundeliegenden Quellen insgesamt zu – der Mangel an Stimmen
anderer Stubaier beziehungsweise anderer Fulpmer zur Person Michael Pfurtschel-
lers ist kaum überbrückbar –, erschwert jedoch eine Einschätzung seiner Stellung
in der Region massiv. Zudem vermitteln die überlieferten Quellen jeweils nur einen
punktuellen Eindruck einzelner Begebenheiten, ein größerer Zusammenhang bleibt
im Dunkeln. Die Frage, wie seine Zeit- und Talgenossen Pfurtscheller gegenüber ein-
gestellt waren, lässt sich schlichtweg nicht beantworten. Trotzdem soll im Folgenden
versucht werden, Michael Pfurtscheller als Teil der Stubaier Gesellschaft in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts ergänzend zu dem, was sich in den verschiedenen üb-
rigen Kapiteln immer wieder implizit abzeichnet, schärfer zu konturieren. Dies soll
auf der Grundlage zweier Faktoren geschehen: Zuerst wird in zwei Abschnitten der
Blick auf Michael Pfurtscheller als Träger lokaler administrativer Funktionen oder
Honoratiorenämter gerichtet werden. In einem weiteren Punkt soll dann versucht
werden, diejenige Opposition, mit der sich Pfurtscheller in der Region jeweils in ge-
wissen Fragen konfrontiert sah, zu umreißen. Besonders Letzteres kann jedoch, und
an dieser Stelle sei nochmals an die bereits erwähnte Einseitigkeit der Quellenlage
erinnert, nur eine Skizze bleiben.
4.1. Michael Pfurtscheller als Gemeindevorsteher
Auf die Wahl Michael Pfurtschellers zum Gemeindevorsteher von Fulpmes Ende des
Jahres 1808 wurde an anderer Stelle bereits eingegangen.3 Zwar ist nicht mit Sicher-
3 Eine detailliertere Untersuchung der Neuordnung des Gemeindewesens unter der bayerischen Re-
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435