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86 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
folgenden Monats von bayerischen abgelöst wurden. Tirol, inklusive der Territorien
der mediatisierten ehemaligen Hochstifte Brixen und Trient, wurde, gemäß dem be-
reits erwähnten Friedensvertrag von Pressburg, dem Königreich Bayern einverleibt.136
3.2.5. Das Stubaital und der Krieg 1805
In Pfurtschellers bereits mehrfach erwähntem „Verzeichnis jener Zeugnisse – auch
Urkunden und Diplome […]“ widmet sich der Verfasser auch den kriegerischen Aus-
einandersetzungen im Jahr 1805. Es wird eine kurze Zusammenfassung der Ereig-
nisse in und um Scharnitz gegeben. Michael Pfurtscheller selbst sei in diesem Jahr
nicht ausgerückt:
„Den Pfurtscheller hat es als Scheibenschütz diesen kurzen Feldzug nicht auszu-
rücken getroffen, er nahm sich im Monat September also Zeit – zu heyrathen, mit
Jungfrau Anna Lener von Mieders.“137
Tatsächlich hätte Pfurtscheller auch Zeit für die Hochzeit gehabt, wäre er zum
Grenzschutz nach Scharnitz ausgerückt. Die Mobilisierung der Landesverteidigung
erfolgte nämlich erst im Oktober 1805. Die Miliz und der Landsturm waren in Re-
aktion auf Nachrichten aufgeboten worden, die vom Anrücken gegnerischer Truppen
aus Nordwesten berichteten. Bereits am folgenden Tag wurde der Landsturm jedoch
wieder entlassen, es hatte sich um eine Fehlinformation gehandelt. Lediglich die bei-
den ersten Zuzüge der Miliz ließ man ihre Posten beziehen. Von den zwölf Kom-
panien des zweiten Milizregiments standen nun vier im Stubaital und warteten auf
weitere Befehle, sechs wurden ins Unterinntal beordert, um sich dort als Reserve be-
reitzuhalten, zwei Kompanien waren zum Grenzschutz nach Scharnitz bestimmt.138
Das Stubaital selbst hatte laut Pfurtscheller 60 Mann zur Landmiliz zu stellen, die
gemeinsam mit 170 Mann aus dem Gericht Steinach und 16 Mann aus Matrei am
Brenner unter „H. v. Leis“139 nach Scharnitz auszurücken hatten. Die diesbezügliche
136 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 106–110. – Das offizielle Besitzergreifungspatent des bayerischen
Königs Max I. Joseph datiert vom 22. Januar 1806. (Vgl. Hamm, Bayerische Integrationspolitik,
1996, S. 91 f.; sowie: Eberhard Weis, Montgelas, Bd. 2: Der Architekt des modernen bayerischen
Staates 1799–1838, München 2005, S. 433; sowie: Oberhofer, „Andere“ Hofer, 2009, S. 262.)
137 Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, Nr.
4, Eintrag zum 6. Oktober 1805. – Auf Pfurtschellers Ehe mit Anna Lener wir noch ausführlich
eingegangen in Kap. 5.2.1.
138 Vgl. Moritz Ritter Daublebsky von Sterneck, Geschichtlicher Anhang zur Beschreibung des Kriegs-
schauplatzes Tirol und Vorarlberg. Nach verschiedenen Quellen zusammengestellt, Wien 1872, S.
75 f.; sowie: Alois Moriggl, Der Feldzug des Jahres 1805 und seine Folgen für Oesterreich überhaupt
und Tirol insbesonders, Innsbruck 1861, S. 232.
139 Gemeint ist Anton von Leiß zu Laimburg. Er war der Hauptmann der Kompanie aus Steinach, zu
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435