Seite - 141 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 141
3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons
Die nun folgenden Ereignisse betreffend ergeben sich aus den verschiedenen Be-
richten Pfurtschellers abermals Widersprüche. Gemeinsam mit einem „guten Teil“
der Stubaier Mannschaft sollte nun also – am frühen Nachmittag dieses 12. April
1809 – der Heimweg angetreten werden. Dann jedoch sei ein von Elias Domanig,
Wirt in Schönberg und damaliger Gerichtskassier für das Stubai, geschickter Bote
eingetroffen, mit der Nachricht, eine „Starke Collone Franzosen & Bayern“ würde,
vom Brenner her angerückt, in Steinach am Brenner „abkochen“, also Rast machen,
so Pfurtscheller.367 Der erste kleine Widerspruch ergibt sich schon hinsichtlich Ort
und Zeitpunkt des Empfanges der Nachricht. In zwei Berichten gibt Pfurtscheller
an, der Bote Domanigs habe ihm die erwähnte Mitteilung um ein Uhr nachmittags
beziehungsweise kurz danach in Wilten überbracht.368 In einer dritten Darstellung
hingegen führt er aus, man sei dem Boten auf dem Heimweg ins Stubaital gegen drei
Uhr nachmittags begegnet.369 Die Uneindeutigkeit der Erzählungen Pfurtschellers
setzt sich fort. In einem Bericht für Joseph Rapp erklärt er, er habe nach Erhalt der
Botschaft Domanigs beschlossen, nach Schönberg vorzurücken und sich eventuell
– je nach Stärke des Gegners und Beschaffenheit des Terrains – auf ein Gefecht mit
vorausziehenden Truppenteilen einzulassen. Er stellt sich also in dem Schreiben als
Anführer mit starker Eigeninitiative dar:
„Ohne die Kriegesgefährten in Kenntnis zu setzen, zog ich der Poststrasse nach bis Schön-
berg, (ich dachte Vorposten ziehen voraus – wenn der Punkt wo wir zusamm treffen für uns
vortheilhaft ist können wir uns in ein Gefecht einlassen, wo nicht könten uns auch in die
bekanten Wälder verberg.) Aber niemand begegnete uns[.]“370
In Schönberg habe es daraufhin um fünf Uhr nachmittags eine Unterredung mit
Elias Domanig gegeben. Dieser sei „neugürig“ gewesen, wie es den Stubaiern er-
gangen war. Domanig hätte jedoch keine Informationen über die nachrückenden
gegnerischen Truppen gehabt und dazu geraten, vorerst heimzukehren. Er würde
367 Pfurtscheller an Gebrüder Carnelli, 3. Juni 1837, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr.
85.
368 Vgl. ebd.; sowie: Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D.,
TLA, Materialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9.
369 Vgl. Pfurtscheller an Rapp – Nachträgliche Bemerkungen, o. D., TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 5.
370 Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D., TLA, Materiali-
ensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435