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420 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
an das Kreisamt vom 14. September 1832 ist nämlich ebenfalls in den Akten des
Landgerichts erhalten. Unter Verweis auf seinen Bericht von 1827 stellt Landrichter
von Guggenberg darin fest, an der Situation in Fulpmes habe sich nichts verändert.
Die „wahren Verhältniße und Umstände machen eine 2te Wirthstaferne in Loco
Vulpmes lediglich überflüßig“, so der Landrichter.222
Ob beziehungsweise wann Pfurtscheller schließlich die von ihm gewünschte
Schildwirtsgerechtsame verliehen wurde, geht aus den untersuchten Quellen leider
nicht hervor. Die ursprüngliche Ausgangsfrage, ob beziehungsweise ab wann Pfurt-
scheller nun seine Gäste bekochen durfte oder nicht, bleibt ebenfalls unbeantwortet.
Offensichtlich ist jedoch, dass das Stubaier Wirtsgewerbe in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts ein durchaus konfliktträchtiges Feld war.
6.4.2. Stubaier Wirte gegen illegale Konkurrenz
Auch wenn das Verhältnis der einzelnen Stubaier Wirte zueinander – wie eben be-
schrieben – durchaus nicht immer ein harmonisches war, so scheint doch zumindest
in der folgenden Angelegenheit Einigkeit geherrscht zu haben: die Schmälerung ih-
rer Geschäfte durch illegale Hausierer und „Winkelschenken“ – übrigens ein auch
außerhalb des Stubaitales verbreitetes Problem der Wirte. Ein diesbezügliches Be-
schwerdeschreiben der „Stubaiischen Gewerbspartheyen“ aus dem Jahr 1823 an das
Landgericht Matrei – aus der Hand Michael Pfurtschellers – trägt die Unterschriften
von 13 Wirten.223
Stein des Anstoßes war – wie bereits angedeutet – die Beeinträchtigung der Ge-
schäfte der Wirte durch „sogenannte Karrenfahrer – u. Traghausierer welche allerlei
222 Vgl. LG Mieders an KA Schwaz, 24. September 1832, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 40, 1832,
Abt. IX; sowie: Abschrift LG Mieders an KA Schwaz, 24. September 1832, TLA, Aktenserie LG
Mieders, Fasz. 35, 1800–1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende dieses Faszikels).
223 „Thomas Salzburger Wirth in Neustift, Franz Ribis Bierwirt in Neustift, Michael Hofer Zeger, Johann
Lutz Bierwirth in Fulpmes, Lorenz Lanthaler, Nicklaus Hörtnagl, Andre Bitl und Anton Seewald
Mieders, MPfurtscheller Bierwirth in Fulpmes, Anton Lutz Gasthalter in Fulpmes, Mathias Leitgeb
Wirth Telfes, Elias Domanig in Schönberg, Joseph Lener Gasthalter zu Mieders“ (Vgl. Beschwerde
„Gewerbspartheyen“, 4. Januar 1823, TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 2, 1823, Abt. IV.) – Das
Gasthaus „Zegger“ besteht noch heute im Neustifter Ortsteil Neder als Apartmenthaus. Lorenz Lan-
thaler aus Ratschings heiratete am 8. Februar 1803 in den Haushalt der „hospitissa cerevisio“ – also
der Bierwirtin – Kreszentia Leitgeb in Telfes ein. (Vgl. Trauungsbuch Telfes IV, TLA, Mikrofilm Nr.
0659, Abschn. 7, S. 66.) Der Schönberger Bauerssohn Nikolaus Hörtnagl heiratete am 6. Februar
1811 die Tochter des Schönberger Bierwirtes Dominikus Schlögl, Gertrud. Als Hörtnagl nach ihrem
Tod am 6. Februar 1821 zum zweiten Mal heiratet, wird er im Trauungsbuch bereits selbst als Bier-
wirt angeführt. (Vgl. Trauungsbuch Telfes I, TLA, Mikrofilm Nr. 0637, Abschn. 8, S. 59 u. 68.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435