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5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater 339
und ihrer Gesundheit unschädliche Art zu züchtigen“.115 Außerdem waren die Kin-
der ihren Eltern „Ehrfurcht und Gehorsam schuldig“.116
Hinsichtlich der Erziehungsarbeit regte das ABGB eine Arbeitsteilung zwischen
Mann und Frau an:
„Es ist vorzüglich die Pflicht des Vaters, so lange für den Unterhalt der Kinder zu sorgen, bis
sie sich selbst ernähren können. Die Pflege ihres Körpers und ihrer Gesundheit ist haupt-
sächlich die Mutter auf sich zu nehmen verbunden.“117
Tatsächlich seien „die Adverbien ‚vorzüglich‘ und ‚hauptsächlich‘“ im 19. Jahrhun-
dert „systematisch überlesen“ worden, so Margret Friedrich in ihrer Habilitations-
schrift, die sich mit österreichischen Privatrechtskodifizierungen als wichtigem Fak-
tor in der Transformation von ständischer in bürgerliche Gesellschaft befasst.118 Die
Rollen waren demzufolge wohl meist klar zwischen den Geschlechtern verteilt, wobei
– wie eingangs angedeutet – ein derartiges Pauschalurteil problematisch ist, da Quel-
len, die detailliert Einblick in die Rollenverteilungen bezüglich der Kindererziehung
in den einzelnen Haushalten geben könnten, weitgehend fehlen. So ist beispielsweise
weder eruierbar, inwieweit sich Michael Pfurtscheller in die Pflege seiner Kinder ein-
mischte, noch welche Rolle seine Ehefrauen in den Handelsgeschäften, der Bier-
schänke, der Krämereihandlung oder der Landwirtschaft spielten.
5.3.2. Säuglingssterblichkeit und Kinderzahl
„In diesen Jahr 1811 entriß uns der Tod 4 Individuen“, steht auf dem Grabstein
von Gertraud Wiesflecker und Anna Lener auf dem Ortsfriedhof von Fulpmes. Wie
bereits erwähnt, waren die beiden, wie auch Michael Pfurtschellers Stiefbruder Franz
Volderauer, in diesem Jahr verstorben. Das vierte „Individuum“ war Johann Mat-
thäus Pfurtscheller, das am 13. Februar 1811 getaufte vierte und zugleich letztgebo-
rene Kind des Ehepaares Pfurtscheller-Lener.119 Der Bub starb am 13. August 1811,
wurde also nur wenige Monate alt.120
Das Schicksal eines frühen Todes teilten auch noch fünf weitere Kinder Michael
Pfurtschellers aus seiner zweiten Ehe mit Elisabeth Wolf. Die Namen von insgesamt
115 ABGB 1811, Teil I, § 145, S. 57.
116 ABGB 1811, Teil I, § 144, S. 56.
117 ABGB 1811, Teil I, § 141, S. 55.
118 Vgl. Friedrich, Umbau, 2002, S. 387.
119 Vgl. Taufbuch Fulpmes I u. II, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3 u. 4.
120 Vgl. Ortsfriedhof Fulpmes.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435