Seite - 163 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 163
auch aus Michael Pfurtschellers Nachlass hervor. Wie bereits zitiert, kritisierte er
wenige Tage nach den turbulenten Szenen in der Umgebung von Volders in seinem
Schreiben an den Stubaier Gerichtskassier Elias Domanig vom 18. Mai 1809 das
Verhalten der Landstürmer gegenüber dem Militär und regte gleichzeitig Verbesse-
rungen an:
„Ein Ober Kommandant der mit Bewilligung k.k. Regierung oder Millitair Comando mü-
ste Ernannt – und den Obern unbedingter Gehorsam ohn Mistrauen geleistet werden. Vor-
züglich müste man auch mit dem k.k. Militair aufrichtig harmonieren, und das selbe nicht
durch Eigenes Lob – oder Einreden in ihre Kriegsregeln (die der Baur ja nicht verstehet)
handgreiflich abgeneigt machen.“480
Die negativen Meldungen über General Chasteler verbreiteten sich schnell und er-
reichten auch das Stubaital. Bereits am 16. Mai bringt Gemeindebeisitzer Michael
Falbesoner in seinem Begleitschreiben zu einer Proviantlieferung an den Landsturm
in Tulfes sein auf diversen Gerüchten basierendes Misstrauen gegenüber Chaste-
ler zum Ausdruck. Man wisse nicht, ob Verstärkung von südlich des Brenners im
Anmarsch sei, berichtet er, es gebe diesbezüglich unterschiedliche Meldungen. Die
Truppen aber, die in Steinach lägen, wolle Chasteler nicht vorrücken lassen. „Dieser
General glaube ich verdient kein Zutrauen“, berichtet Falbesoner an Pfurtscheller.481
3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller
Nachdem sich die Nachricht vom Nachrücken Jelačićs nicht bewahrheitet hatte und
sich die Negativmeldungen von den Hauptkriegsschauplätzen mehrten, verlegte sich
Chasteler darauf, die Stellung am Brenner zu halten, bis neue Anweisungen von Erz-
herzog Johann aus Villach eintreffen würden. Auch Buol, der nach wie vor mit den
Landstürmern rund um die Volderer Brücke postiert war, erhielt nun am 16. Mai von
Chasteler den Befehl, auf den Brenner zu marschieren – hier sollten die österreichischen
Truppen zusammengezogen werden. Um dem Zorn der Landstürmer über diesen Rück-
zug aus dem Weg zu gehen, marschierte Buol in der Nacht zum 17. Mai heimlich ab.482
„Der Eifer zum Losgehen auf den Feind war durch die unangenehme Entdeckung
480 Michael Pfurtscheller an Elias Domanig, 18. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
2, Nr. 36. – Vgl. auch: Kap. 3.3.5.2.
481 Michael Falbesoner und Johann Lutz an Michael Pfurtscheller, 16. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 27.
482 Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 107 f.; sowie: J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 419 f.; sowie:
Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 284 f.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435