Seite - 425 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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7. Schlussbemerkungen
Als gegeben hingenommene Modelle und Kategorien sollten – so heißt es in der
Einleitung unter anderem – in der vorliegenden Untersuchung auf ihren Gehalt und
ihre Gültigkeit hin untersucht und überprüft, unzulässige Verallgemeinerungen auf-
gezeigt werden, um so schließlich einen Beitrag zu einer differenzierteren Sicht auf
eine historische Gesellschaft zu leisten. Vor diesem Hintergrund kann es an dieser
Stelle nun nicht als sinnvoll erachtet werden, die auf den vorangegangenen Seiten
geschilderten Beobachtungen auf ein Fazit, ein Bild des Stubaitales in den Jahren zwi-
schen 1750 und 1850 hin zu verengen und sich in diesem Versuch notwendigerweise
wieder des Entwurfs neuer Modelle, Kategorien und Verallgemeinerungen bedienen
zu müssen.1 So stellen diese Schlussbemerkungen weniger eine Zusammenfassung
einzelner gewonnener Erkenntnisse über „die Tiroler Gesellschaft“ der Sattelzeit oder
die Person Michael Pfurtscheller dar, sie sind vielmehr als einige abschließende Ge-
danken zu betrachten, die sich im Zuge der mikrogeschichtlichen Herangehensweise
an historische Zustände und Personen ergeben haben. Die historiographischen Im-
plikationen dieses speziellen Zuganges für den Umgang mit Vergangenem stehen im
Mittelpunkt des Folgenden.
Die Annäherung an die Geschichte der Sattelzeit in Tirol auf Grundlage der rund
um eine einzige Person vorhandenen Quellen – das war die Intention der vorliegen-
den Arbeit. Mit Michael Pfurtscheller aus Fulpmes im Stubaital fiel dabei die Wahl
auf eine Person, bei der wohl weder das regionale noch das sozioökonomische be-
ziehungsweise -kulturelle Umfeld landläufig als „typisch“ bezeichnet werden würde.
Dass sich jedoch auch im (relativ) abgelegenen Stubaital niemand den einschnei-
denden Veränderungen, die den hundert Jahren zwischen 1750 und 1850 zur Be-
zeichnung „Sattelzeit“ verhalfen, entziehen konnte, erscheint offensichtlich. Wesent-
liches Anliegen dieser Untersuchung war es allerdings, Michael Pfurtscheller und die
anderen Bewohner des Stubaitales nicht lediglich als Betroffene oder Leidende der
Entwicklungen dieser Zeitspanne zu beschreiben. Es wurde auf den zurückliegenden
Seiten gezeigt, dass diese Menschen aktiver Teil der Veränderungen ihrer Umwelt
waren, Handlungsspielräume vorfanden und diese auf jeweils unterschiedliche Weise
nutzten. Angesichts der vielfältigen Verwobenheit von Mikro- und Makroebene, die
sich auf den Seiten dieser Untersuchung gezeigt hat, scheint es im Übrigen auch die
Metapher einer „am Rand“ stehenden Gesellschaft, die gerade auch in der Tiroler
1 Vgl. Maria Heidegger, Soziale Räume und Beziehungen von Frauen und Männern im Dorf. Eine
historische Ethnographie des Landgerichtes Laudegg im Westen Tirols in der Frühen Neuzeit, phil.
Diss., Innsbruck 1998, S. 416.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435