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100 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„Weder der Unterzeichnete [Michael Pfurtscheller] – noch weniger die gleichzeittig durch
Stimmenmehrheit Mitte Dezember 1808 Erwählten vier Beysitzer Johann Luz, Felix Mair,
Pongraz Hofer – und Georg Volderauer, können sich mit Anstellungs Dekrette nicht aus-
weisen, da selbe von den damalig Vorgesezten K.B. Landgerichte Innsbruck nichts Schrift-
liches, also auch keine Renumeration Bestimmung erhielten. Die Wahlackten – unmittel-
bahr durch Titl. Hrn. Landricher Joh. v. Lama verfaßt – werden wahrscheinlich – bei Löbl.
Landgerichte Sonnenburg – derzeit in Wilten zu finden sein?
Oder unter die Pappiere des damals gewesenen Expon. Actuariats zu Schönberg?
Daß ermeldte Individuen wirklich ernannt – obrigkeitlich vorgemercket wurden, darum
können auch die benachbarten Gemeinden Zeugschaft geben.“193
3.3.3.2. Neuordnung der Verwaltungssprengel
Im Bereich der übergemeindlichen Verwaltung, auf der Ebene der Gerichte, hatte die
bayerische Regierung eine bedeutende Veränderung für das Stubaital gebracht. Seit dem
Organisierungs-Patent vom 26. November 1806 war das Stubai, vormals als eigenstän-
diges Hofgericht Stubai organisiert, Teil des Landgerichtes Innsbruck.194 Das berichtet
Johann von Anreiter195, Landgerichtsassessor bei eben diesem Landgericht.196 Anreiter
193 Pfurtscheller an LG Matrei, 20. August 1817, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35, 1800–1827
(loses, ungeordnetes Aktenmaterial). – Die von Pfurtscheller hier angesprochenen „Wahlackten“
sind leider nicht auffindbar.
194 Vgl. Hamm, Bayerische Integrationspolitik, 1996, S. 144–146.
195 Nachdem Joseph von Stolz sein Amt als Aktuar beim Landgericht Innsbruck niedergelegt hatte,
folgte ihm der in Brixen geborene Johann Nepomuk Anton von Anreiter zu Ziernfeldt und Neid-
heim (1776 oder 1777–1836) in dieser Funktion nach. Am 6. Februar 1807 wurde von Anreiter,
bis dahin Aktuar beim Landgericht Rattenberg, den Bezirksausschüssen des Stubaitales vorgestellt.
Der Innsbrucker Landrichter Johann von Lama gestattete dem neuen Aktuar, seinen Wohnsitz in
Innsbruck zu behalten. Die Stubaier sahen daher, das wird in der Folge noch eingehender thema-
tisiert werden, „ihr“ exponiertes Aktuariat in Schönberg in Gefahr. (Vgl. Granichstaedten-Czerva,
Die bayerischen Landrichter, 1962, S. 233; sowie: Abschrift Bericht Generallandeskommissariat an
Ministerium des Innern, 10. Juli 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1; sowie: Vorstel-
lung der Stubaier Gemeinden an König Maximilian I. Joseph, 1. März 1807, TLA, GLK für Tirol,
Karton Nr. 7, V/I/DI/1.)
196 In den Jahren 1806 bis 1808 wurden im Zuge der Recherche für einen Artikel über das Stubaital
im „Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol“ Fragenkataloge an Joseph von Stolz, den „k.
Bau-Inspector“ Jakob Volderauer und den bereits genannten Johann von Anreiter geschickt. Auf-
grund des Aufstandes 1809 erschien der geplante Beitrag jedoch nicht. Die nun in der Ferdinan-
deumsbibliothek erhaltene Zusammenstellung der Fragenkataloge und der dazugehörenden Ant-
worten unter dem Titel „Statistische Nachrichten vom Thale Stubay“ vom Frühjahr 1814 geht auf
Appellationsrat Andreas Alois Dipauli zurück, der mit Fiskalamtsadjunkt Josef von Hörmann zu den
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435