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352 5. Familie Pfurtscheller
gehen. Klar wird auch, dass derartige Auslandsaufenthalte mehrere Jahre lang dau-
erten und – aufgrund der großen Entfernung von rund 270 Kilometern177 – wohl
nur von wenigen Heimaturlauben unterbrochen gewesen sein dürften. Die Lehrzeit
schien – zumindest im Falle von Joseph Pfurtscheller – jedenfalls bis zum Erreichen
der Volljährigkeit, dem 24. Geburtstag178, zu dauern. Darauf weist sein zweiter Lehr-
aufenthalt in Feldkirch hin. Für die von Adolf Hueber erwähnte Ausbildung Johann
und Franz Pfurtschellers in Rovereto und Vevey dürfte mit einiger Wahrscheinlich-
keit Ähnliches gelten.
Joseph von Stolz berichtet dazu bereits um das Jahr 1807, dass eine Ausbildung im
Ausland – besonders in den Handelsfamilien des Tales – durchaus üblich war:
„Es gibt unter ihnen Leute, die ihres bessern Fortkommens u. Ausbildung wegen aus freyem
Antriebe die weiten Reisen, und Wanderungen nach Griechenland, Italien, Spanien, Frank-
reich, Niederland, Holland auch England und Schweden unternohmen. Die Wanderungen
in näher gelegene Staaten ist ihnen ohnehin etwas gemeines. Zu wünschen wäre, daß auch
die Eisenschmiede derley Wanderungen unternähmen, wovon sie bisher leider! unterlaßen
werden!“179
5.3.5. Michael Pfurtschellers Söhne und der Militärdienst
Im Jahr 1809 war die Aushebung von Rekruten für das Militär eine wesentliche
Motivation für den Aufstand gegen die bayerische Regierung gewesen. So stieß eine
Patrouille, die entwichene Stellungspflichtige einbringen sollte, am 10. April des Jah-
res in Axams auf bewaffneten Widerstand – die Initialzündung für den Aufstand in
der Region um Innsbruck.180 Etwas über zehn Jahre später, im Oktober 1819, gab es
in Tirol und Vorarlberg wieder Zwangsrekrutierungen. Diesmal forderte das österrei-
chische Militär, das Kaiserjägerregiment, Rekruten.181
177 In Joseph Reichls „Reisehandbuch für Tirol und Salzburg, Salzkammergut, Vorarlberg und das süd-
bairische Gebirgsland […]“ aus dem Jahr 1848 wird die Fahrtdauer für die rund 270 Kilometer
lange Strecke von Innsbruck nach Verona mit dem Stellwagen mit rund 72 Stunden angegeben. Für
die fast idente Strecke von Fulpmes nach Verona dürfte man wohl in etwa annähernd gleich lang un-
terwegs gewesen sein. (Vgl. Joseph Reichl, Reisehandbuch für Tirol und Salzburg, Salzkammergut,
Vorarlberg und das südbairische Gebirgsland. Nebst den wichtigsten Seitenrouten durch Oesterreich
bis Wien und Triest. Mit besonderer Rücksicht auf die Heilbäder, Danzig 18482, S. 191.)
178 Vgl. Anm. 29.
179 Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom Thale
Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil B, Nr. 42.
180 Vgl. Kap. 3.3.5.1.
181 Vgl. Fontana, Restauration-Revolution, 1986, S. 603–607.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435