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294 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
verfasste Pfurtscheller einen – wahrscheinlich an die Landgerichtsobrigkeit in Matrei
gerichteten – Bericht, in dem er die zwischen Neustift und Unterschönberg entstan-
denen Schäden schätzungsweise bezifferte.26 Die Schadensmeldungen aus den übrigen
Gemeinden des Tals waren also wohl unmittelbar nach der Katastrophe bei Pfurtschel-
ler in Fulpmes zusammengelaufen. Das kann als Indiz dafür gedeutet werden, dass
dieser – wie bereits infolge der Katastrophe von 1807 – wiederum nicht nur der Kopf
der Organisation der Schadensbeseitigung in Fulpmes, sondern im ganzen Tal war.
Seine herausragende Rolle im Rahmen der Schadensbeseitigung nach der Unwet-
terkatastrophe von 1807 betonte Pfurtscheller nun eben in seinem eingangs dieses
Kapitels bereits zitierten Schreiben an die Fulpmer Gemeindevorstehung aus dem
Jahr 1836 ganz offensiv als sein uneigennütziges Verdienst für die Allgemeinheit:
„[…] Und was durch mich seit den Wasserunglük 1807 bis zum Jahr 1818 geschah, wolle
man zurückdenken? wie viel Zeit ich der Gemeinde uneigennützig opferte.“27
4.1.2. Die Verlegung des Gerichtssitzes
Die Neuordnung der Verwaltungssprengel durch die bayerische Regierung per Hof-
reskript vom 21. November 1806 wurde bereits an anderer Stelle thematisiert.28 Dass
das Hofgericht Stubai im Landgericht Innsbruck aufgegangen und an die Stelle ei-
nes „eigenen“ Richters ein „exponiertes Aktuariat“ getreten war, hatte im Tal bereits
für wenig Begeisterung gesorgt. Als die Stubaier dann Anfang 1807 auch noch die
Einrichtung des ständigen Aktuars in Schönberg in Gefahr sahen, kam es – auch das
wurde bereits auseinandergesetzt – zu vehementen Protesten.29
Im Rahmen ihrer Eingaben an die zuständigen Stellen brachten die Stubaier Ge-
richtsausschüsse im Frühjahr 1807 nun jedoch auch noch ein neues Ansinnen aufs Ta-
pet: die Verlegung des Gerichts- beziehungsweise Aktuarssitzes von Schönberg weiter
ins Innere des Tales hinein. Gerichtskassier und -anwalt Elias Domanig – aufgrund
einer Reise verhindert – hatte Michael Pfurtscheller – zu diesem Zeitpunkt noch
nicht Gemeindevorsteher von Fulpmes – „als des Schreibens Kundigsten lieben Mit-
nachbar[n]“ bevollmächtigt, die Beschwerden der einzelnen Gemeinden hinsichtlich
26 Vgl. Entwurf Schadensbericht 1817, 4. September 1817, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II, Bund
1, Nr. 17.
27 Entwurf Pfurtscheller an Gemeindevorstehung Fulpmes, 19. Dezember 1836, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, II, Bund 1, Nr. 34.
28 Vgl. Kap. 3.3.3.2.
29 Vgl. ebd.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435