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300 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
Pfurtscheller, mit ihrer türkischen Musik, und die zahlreichen Pöllerschüsse, erhöh-
ten die Feier.“55
4.2. „Lästige“ administrative Ämter
Das Amt des Gemeindevorstehers war nicht das einzige, das Michael Pfurtscheller
bekleidete. In verschiedenen Quellen scheint er auch als Schulaufseher56 und Kir-
chenpropst57 in Fulpmes auf. Außerhalb seines unmittelbaren Heimatortes, auf der
übergeordneten Gerichtsebene, übte Pfurtscheller – von seinen bereits erwähnten
Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Landesverteidigung 1809 und dem Schüt-
zenwesen sowie seiner ebenfalls bereits thematisierten Funktion als Kassier im Rah-
men der Katastrophenbewältigung nach den Überschwemmungen des Jahres 1807
abgesehen58 – den vorhandenen Quellen zufolge keinerlei administrative Ämter aus.
Dieser Umstand scheint angesichts seiner bereits mehrfach angesprochenen heraus-
ragenden Stellung in der Region durchaus überraschend.
Tatsächlich wählten die Gemeindevorsteher des Tals Michael Pfurtscheller am 10.
Dezember 1825 als Nachfolger des Miederers Anton Seewald zum für die Finanzen
des Gerichts zuständigen Kassier. Doch Landrichter von Ottenthal59 irrte, wenn er
„nicht im Geringsten“ daran zweifelte, „daß selber dem in ihm gesezten Vertrauen
des Gerichts bezirkes sich Unterziehen, u. selbes auch rechtfertigen werde“.60 Bereits
55 Vgl. Der Kaiserlich Königlich privilegirte Bothe von und für Tirol und Vorarlberg, Nr. 88, 2. November
1826, S. 349. – In der von Sebastian Hölzl zusammengestellten Chronik von Mieders wird berich-
tet, die Sonderstellung der Gemeinde habe den „Neid“ der übrigen Orte des Tals erregt, „Besonders
Fulpmes hätte gerne eine Verlegung gehabt […]“. Erst ein „Spruch des Justizministeriums“ hätte die
Angelegenheit im Jahr 1912 endgültig bereinigt. (Vgl. Hölzl, Chronik von Mieders, 1976, S. 21.)
56 Vgl. Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1,
Nr. 46, Eintrag zum 13. April 1820; sowie: Fotokopie Schriftstücke aus der Kirchturmkugel von
Fulpmes – Chronikbericht aus dem Jahr 1827, 9. August 1827, Pfarrarchiv Fulpmes, Militärkoffer
Dachboden. – Michael Pfurtscheller unterzeichnet einen Nachtrag zum eigentlichen Chronikbericht
des Kuraten Anton Haller mit dem Zusatz „derzeit Schulaufseher“.
57 Vgl. Jahresrechnung Kirchenpropst Michael Pfurtscheller, 20. Dezember 1830, TLA, Aktenserie
LG Mieders, Fasz. 38, 1828–1830, Bündel „LG Stubai 1830 – alle Abteilungen“; sowie: Entwurf
Pfurtscheller an Gemeindevorstehung Fulpmes, 19. Dezember 1836, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, II, Bund 1, Nr. 34.
58 Vgl. Kap. 3 u. 4.1.1.
59 Joseph Thomas von Ottenthal (1781–1859) war seit 1817 Richter des Landgerichts Matrei, von
1826 bis 1848 dann in Steinach. (Vgl. Senn, Gänsbacher, 1986, S. 168.)
60 Joseph von Ottenthal an Michael Pfurtscheller, 10. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, II, Bund 1, Nr. 22.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435