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84 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Für Österreich endete dieser sogenannte zweite Koalitionskrieg schließlich – nach
einer Reihe weiterer Niederlagen – mit dem am 9. Februar 1801 abgeschlossenen
Frieden von Lunéville. Zuvor schon, gemäß dem Waffenstillstand von Steyr vom 25.
Dezember 1800, war Tirol in einen Nord- und einen Südteil geteilt worden. Der
südliche, bis nach Bozen reichende, wurde von französischen Truppen besetzt, im
Norden mussten Festungen wie Kufstein oder Scharnitz geräumt und den Franzosen
übergeben werden. Es dauerte bis April 1801, ehe sich die gegnerischen Truppen auf
Grundlage des erwähnten Friedens von Lunéville wiederum aus Tirol zurückzogen.
Globaler betrachtet endete der Krieg mit dem Frieden von Amiens zwischen Frank-
reich und England Ende März 1802.132
3.2.4. Der dritte Koalitionskrieg 1805
In den Jahren nach dem Frieden von Lunéville überstürzten sich die europapoliti-
schen Großereignisse. Es kam zu einer Reihe von drastischen Veränderungen für das
Heilige Römische Reich Deutscher Nation, schließlich sogar zu seinem Ende. Der
Friedensschluss von Lunéville war mit deutlichen territorialen Einbußen für „Ös-
terreich“ und das Reich verbunden. Reichsgebiete westlich des Rheins mussten an
Frankreich abgetreten werden, die Niederlande und Italien gingen für den Kaiser
verloren, und die verschiedenen von Napoleon proklamierten Republiken mussten
anerkannt werden. Der Grundstein für die im Reichsdeputationshauptschluss fol-
gende territoriale Umgestaltung des Reiches war damit gelegt. Säkularisierung geist-
licher Fürstentümer und Mediatisierung – die Aufhebung der Reichsunmittelbar-
keit – kleiner weltlicher Herrschaften zugunsten größerer „Staaten“ waren Inhalt der
Empfehlung der Reichsdeputation, die im März beziehungsweise April 1803 von
Reichstag und Kaiser angenommen wurde. Auch lokal, im Tiroler Raum, waren die
Auswirkungen dieses Entschlusses spürbar. Die Hochstifte Trient und Brixen wurden
der Grafschaft Tirol angegliedert, das Erzbistum Salzburg wurde in ein weltliches
Herzogtum umgewandelt. Die nächste große Umwälzung ging von Napoleon aus.
Er erklärte sich am 18. Mai 1804 nach einer Volksabstimmung zum Kaiser der Fran-
zosen, die Krönung folgte am 2. Dezember desselben Jahres. Eine Provokation, auf
die man in Wien die angemessene Reaktion darin sah, dass sich Kaiser Franz II. am
11. August 1804, ohne die Reichsstände in diese Entscheidung miteinzubeziehen,
zum Kaiser von Österreich – somit nun Franz I. – erklärte. Der nächste Akt des He-
gemoniestrebens Napoleons ließ nicht lange auf sich warten, er ließ sich zum König
1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 4 [vgl. Anm. 6].
132 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 105 f.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435