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54 K.(u.)k. »going postcolonial«
der jede Übersetzung bedingenden extratextuellen Faktoren reichen und die
Machtbeziehungen offen legen, die diesen Prozessen zugrunde liegen. Dadurch
werden die dynamischen Repräsentationen von Kultur in den Translationspro
zess eingebunden und die Möglichkeiten für eine translationswissenschaftlich
gestützte Untersuchung »kultureller Übersetzung« eröffnet.23
5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie
Die Untersuchung der translatorischen Praxis in der Habsburgermonarchie
wird das hauptsächliche Merkmal dieser Praxis, ihren Konstruktcharakter, frei
zulegen versuchen. Zu diesem Zweck wird eine Typologisierung der verschie
denen Übersetzungsformen vorgenommen, die das hier skizzierte dynamische
Übersetzungskonzept zur Grundlage nimmt und den Anspruch stellt, der Viel
schichtigkeit der translatorischen Ausformungen gerecht zu werden.24 An den
Übersetzungstypen, denen die einzelnen translatorischen Praktiken zugewiesen
werden, wird der jeweilige Beitrag, den diese Übersetzungspraktiken zur Konst
ruktion einer »habsburgischen Kultur« beitragen, deutlich erkennbar.
»Polykulturelle Kommunikation und Translation«
Zur Beschreibung der dieser Typologisierung zugrunde liegenden Dynamik
wird auf die von Moritz Csáky entwickelten Konzepte der »endogenen« bzw.
»exogenen Pluralität« zurückgegriffen. Während als »endogene Pluralität« die
»in der gesamten zentraleuropäischen Region, also auch die in der Monarchie
nachweisbare ethnische und sprachlich kulturelle Dichte« bezeichnet wird, ist
die »exogene Pluralität […] die Summe jener von außen hinzukommenden Ele
mente […], die in dieser Region wirksam wurden und zu einer für sie spezifi
schen kulturellen und sprachlichen Konfiguration beigetragen haben« (Csáky
1996 : 50ff.; vgl. auch Csáky/Reichensperger 1999 : 15f.). Erstere umfasst die
kontinuierlichen Prozesse wechselseitiger Beeinflussungen und Austauschbe
ziehungen, die sich im Laufe der Jahrhunderte herausbildeten, in unterschied
23 Wie weit der von den Kulturwissenschaften propagierte »translational turn« (Translation Studies
2 : 1, 2009) in diese Richtung einen wesentlichen Beitrag leisten kann, bleibt abzuwarten.
24 Die Typologie ist zwar in ihrer hier dargestellten Form eher für die in der Monarchie praktizierten
Translationsformen anzuwenden, ist jedoch von ihren Grundzügen ausgehend beliebig zu erwei
tern bzw. zu differenzieren.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437