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Viertes Kapitel
Die translatorische Praxis in der »großartigen
Versuchsstation« der Habsburgermonarchie74
Wird der Begriff der Translation hier vor allem vor dem Hintergrund seines
kulturkonstruierenden Charakters in einer Spannweite von seinem engsten bis
weitesten Sinn verstanden und als »polykulturelle Kommunikation« bzw. »poly
kulturelle/transkulturelle Translation« aufgefasst, so ist die Tätigkeit von Trans
latorInnen in der Habsburgermonarchie auf verschiedenen Ebenen verortbar.
Diese Ebenen werden hier keiner hierarchischen Ordnung zugewiesen, sondern
sind als sich überlagernde Handlungsfelder zu sehen, die zu bestimmten Mo
menten und in spezifischen Situationen unterschiedliche gesellschaftsrelevante
Bedeutung produzieren können. Die TranslatorInnen befinden sich innerhalb
der Handlungsfelder an Schnittstellen zwischen verschiedenen gesellschaft
lichen und kulturellen Räumen und sind den dort vorherrschenden Zwängen
ebenso ausgesetzt wie sie auch selbst zur Konstruktion der Beschaffenheit ih
rer Aktionsfelder beitragen. Im spezifischen Kontext der Habsburgermonarchie
impliziert dies mannigfaltige Ausprägungen von Übersetzungsformen, die von
kontinuierlichem Wechsel zwischen verschiedenen Sprachregistern bis zum
Übersetzen und Dolmetschen im engeren Sinn reichen.
1. »Polykulturelle Kommunikation«
Zunächst geht es beim Übersetzen im weitesten Sinn, das hier als »polykultu
relle Kommunikation« bezeichnet wird, um die für den habsburgischen Kom
munikationsraum konstitutive Zwei bzw. Mehrsprachigkeit, die die Benütze
rInnen der verschiedenen Sprachen aus schichtbezogenen, berufsbedingten und
persönlichen Gründen der täglichen Verständigungsarbeit zu stetem Register
und damit kulturellem Kontextwechsel veranlasste.
In der typologischen Aufgliederung des Bilingualismus erscheint für habs
burgische Zusammenhänge zunächst das Unterscheidungskriterium der Sym
metrie von Bedeutung. Kremnitz resümiert die relevante Literatur und un
74 Zur »großartigen Versuchsstation« vgl. Schuchardt (1884 : 131).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437