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11.2 Feigls Auffassung von Moral und Ethik
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Besides functioning as expressions or appeals , judgments of values can also communicate a fac-
tual content , if we are careful to specify some factual application for our critical statements. And
we must make this factual application in terms of certain empirical features that we can readi-
ly identify. If our standards change , as our experiences change – well , then , we have to give the
persuasive terms , which express our interests , some new factual content. ( Feigl 1964 [ 1981 , 397 ])
Feigl schwebt eine universelle Moral sowohl in der Reichweite als auch in der Gültig-
keit vor.
Entsprechend diesen gleichen moralischen Inhalten verbietet es sich für den Humanismus
auch , moralische Gehalte zu einem bloßen Schein zu erklären – wie es der Nonkognitivis-
mus in seiner emotivistischen Version tut. ( Kellerwessel 2010 , 179 )
Der moralische Standpunkt ist für Feigl wie für Kraft ein gemeinsamer. Ist dieser voraus-
gesetzt , gibt es einen gemeinsamen Standpunkt , um moralische Fragen innerhalb einer
Moralgemeinschaft ( bei Feigl universell gedacht ) objektiv zu entscheiden. Wir können
bei Feigl sowohl von einem semantischen Kognitivismus im weiteren Sinne als auch von
einem erkenntnistheoretischen Kognitivismus sprechen.
11.2.2 Moralbegründung
Im Unterschied zu Carnap ( und Ayer ), aber in Einklang mit Schlick und Kraft glaubt
Feigl , eine rationale Grundlegung der Moral liefern zu können , wobei er dies nur in ei-
nem spezifischen Sinne einer pragmatisch-instrumentellen Begründung meint. Feigl un-
terscheidet nämlich beginnend mit dem Aufsatz „De Principii Non Disputandum … ? On
the Meaning and Limits of Justification“ ( Feigl 1950 ) eine logische Gültigkeitsprüfung
( validation ) von einer pragmatisch-verteidigen den Begründung ( vindication ).
11.2.2.1 Logische Begründung ( validation ) und pragmatische Begründung
( vindication )
Moralische Normen , die nicht selbst als Grundnormen in einem Normensystem auftre-
ten , können , wie andere Normen auch , dadurch begründet werden , dass sie unter Heran-
ziehung der Prinzipien der Logik als in einem System gültig erwiesen werden :
Justification in the sense of validation involves reliance upon the principles of logic and can
thus provide their validation. ( Feigl 1950 [ 1981 , 245 ])
Diese Art der Begründung nennt Feigl logische Begründung ( validation , justificatio cog-
nitionis ). ( Feigl 1950 [ 1981 , 239 f. ]) Feigl nimmt an , dass auch zwischen moralischen Sät-
zen bzw. zwischen moralischen und empirischen Sätzen ein logischer Zusammenhang be-
stehen kann. Feigls Beispiel lautet in rekonstruierter Form :
Ethik und Moral im Wiener Kreis
Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ethik und Moral im Wiener Kreis
- Subtitle
- Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
- Author
- Annemarie Siegetsleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79533-9
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 450
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1. Einleitung 13
- 2. Terminologische Klärungen 37
- 3. Moral und Ethik im Wiener Kreis und die Standardauffassung logisch- empiristischer Ethik 52
- 4. Das kulturelle Umfeld des politischen und moralischen Engagements 67
- 5. Rudolf Carnap : Individualistischer Dezisionismus und wissenschaftlicher Humanismus 89
- 5.1 Einleitung 89
- 5.2 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik vor der Wiener-Kreis-Periode 92
- 5.3 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik in der Wiener-Kreis-Periode 111
- 5.3.1 Der logische Aufbau der Welt ( 1928a ) und die Konstitution von Werten 111
- 5.3.2 Scheinprobleme in der Philosophie ( 1928b ) 120
- 5.3.3 „Wissenschaft und Leben“ ( 1929b ) 123
- 5.3.4 „Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“ ( 1931/32 ) 129
- 5.3.5 „Theoretische Fragen und praktische Entscheidungen“ ( 1934a ) 133
- 5.3.6 Philosophy and Logical Syntax ( 1935 ) 136
- 5. 3. 7 Carnaps moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 138
- 5.3.8 Carnaps individualistischer Dezisionismus und die Lebenspraxis 141
- 5.3.9 Möglichkeiten und Grenzen der Ethik 148
- 5.4 Spätphase : Optative 149
- 5.5 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 160
- 6. Karl Menger : Mathematische Modelle für ein verträgliches Zusammenleben 163
- 6.1 Einleitung 163
- 6.2 Mengers Logik der Sitten 168
- 6.3 Mengers Moralauffassung 177
- 6.3.1 Moral 1. und 2. Stufe , Basismoralen 177
- 6.3.2 Sinn und Zweck der / einer Moral 177
- 6.3.3 Kritik am Kategorischen Imperativ 179
- 6.3.4 Mengers Konzeption der Moralsprache : Semantischer Nonkognitivismus 180
- 6.3.5 Moralische Erkenntnis : Fundamentaler Nonkognitivismus und systemimmanenter Kognitivismus 182
- 6.4 Mengers Ethikverständnis 186
- 6.5 Menger und die Angewandte Ethik 193
- 6.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 194
- 7. Otto Neurath : Moral auf der Grundlage gemeinsam beschlossener humanistischer Lebensgrundsätze und Ethik in der Einheitswissenschaft 196
- 8. Philipp Frank : Pragmatische Ethik und relativierte Moral 251
- 9. Moritz Schlick : Eudämonistische Ethik als Weisheitslehre 265
- 10. Victor Kraft : Zwei-Komponenten-Kognitivismus und rationale Moralbegründung 332
- 10.1 Einleitung 332
- 10.2 Krafts moralische und ethische Auffassungen in der Wiener-Kreis-Periode 337
- 10.3 Krafts moralische und ethische Auffassungen nach der Wiener-Kreis-Periode 371
- 10.3.1 Moralbegründung auf Grundlage der Kultur : Die Grundlagen einer wissenschaftlichen Wertlehre , 2. Auflage ( 1951 ) 371
- 10.3.2 Moralbegründung auf Grundlage natürlicher Ziele : Rationale Moralbegründung ( 1963 ) 374
- 10.3.3 Moralbegründung auf der Grundlage primärer Strebensziele : Die Grundlagen der Erkenntnis und der Moral ( 1968 ) 377
- 10.4 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 383
- 11. Herbert Feigl : Pragmatische Moralbegründung 387
- 12. Systematische Zusammenfassung und allgemeine Schlussbemerkungen 402
- 12.1 Mangelndes Interesse an Moral als Menschen und Bürgerinnen oder Bürger 402
- 12.2 Geteilte moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 403
- 12.3 Differenzierungen in den Moralkonzeptionen 404
- 12.4 Differenzierungen in den Ethikkonzeptionen 409
- 12.5 Ausblick auf zukünftige Forschung 412
- 12.6 Allgemeine Schlussbemerkungen 413
- Literatur 417
- Abkürzungen 440
- Bildquellennachweis 440
- Personenregister 441