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1.1. Begriffe 15
den verschiedenen Ebenen – dem Speziellen und dem Allgemeinen – hin und her
zu bewegen.22
„Mikrostudien bieten sich an, um Modelle und Kategorien zu überprüfen, die in
der Forschungspraxis oft nicht weiter hinterfragt werden.“23 – Durch die Annäherung
an eine Person und die im Zusammenhang mit ihr zur Verfügung stehenden Quellen
sollen im Folgenden oberflächlich betrachtet vertraute Begriffe auf ihren Gehalt hin
untersucht werden. Dabei ist weder Michael Pfurtscheller „typisch“ für die Begriffe
Bürger oder Bauer, noch ist die Region, in der er lebte – das knapp 20, für die damals
oft zu Fuß reisende Bevölkerung überaus zeitzehrende Kilometer südwestlich der Pro-
vinzstadt Innsbruck gelegene Fulpmes im Stubaital –, eine „typische“ Beispielregion
für die Transformationsprozesse der Sattelzeit – man denke etwa an die vielzitierte,
mittlerweile natürlich längst relativierte Aussage Fernand Braudels, wonach Berge
„eine Welt abseits der Kulturen [bilden], abseits jener Werke, die in den Städten und
im Flachland geschaffen werden. Ihre Geschichte besteht darin, keine zu haben, fast
immer am Rande der großen zivilisatorischen Strömungen zu bleiben, obgleich diese
nur sehr langsam vorbeiziehen“.24 Gerade deswegen erschien es verlockend, nach der
Tauglichkeit der oben genannten Kategorien im Stubaital bei Michael Pfurtscheller
zu fahnden, „im Kleinen das Große [zu] suchen“.25 In Österreich sei das bislang,
so Martin Scheutz in seinem „subjektiven Literaturbericht“ über mikrohistorische
Forschungen aus dem Jahr 2008, vor allem mit einem jeweils spezifischen Fokus
geschehen – zur Kriminalitäts-, Geschlechter-, Umwelt- oder Migrationsgeschichte
etwa.26 Die vorliegende Arbeit liefert zwar nicht die von Scheutz angeregte „kliome-
trisch-historische ‚key-study‘“,27 die nicht auf eines der angesprochenen konkreten
Teilgebiete fokussierte biographische Herangehensweise ist jedoch eine bislang hier-
zulande zwar nicht oft gewählte28, aber nichtsdestotrotz vielversprechende.
22 Vgl. ebd., S. 124.
23 Lanzinger, Das gesicherte Erbe, 2003, S. 16. – Auch Levi spricht von dieser Möglichkeit der Über-
prüfung. (Vgl. Levi, On Microhistory, 1991, S. 98.)
24 Fernand Braudel, Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II., Bd. 1, aus
dem Französischen übersetzt von Grete Osterwald, Frankfurt a. M. 1990, S. 45.
25 Vgl. den Band des Jahrbuches für Geschichte des ländlichen Raumes für 2012: Hiebl/Langthaler, Im
Kleinen des Große suchen, 2012.
26 Vgl. Scheutz, Geschichte, 2008, S. 85. – Vgl. etwa die Untersuchungen von Maria Heidegger und
Margareth Lanzinger, die sich auch mit der Region Tirol beschäftigten: Maria Heidegger, Soziale
Dramen und Beziehungen im Dorf. Das Gericht Laudegg in der frühen Neuzeit – eine historische
Ethnographie, Innsbruck–Wien 1999; sowie: Lanzinger, Das gesicherte Erbe, 2003.
27 Scheutz, Geschichte, 2008, S. 85 f.
28 Vgl. ebd., S. 77 f.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435