Seite - 17 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 17 -
Text der Seite - 17 -
1.1. Begriffe 17
nalgeschichtliche Feldforschung“ ihre Arbeit fortsetzen zu wollen und die Theorie in
mikrohistorisch angelegten Studien gleichsam einer Überprüfung zu unterziehen.34
Mit den von Scheutz als „Protoindustrialisierungsbeiträge[n]“ bezeichneten Studien
legten sie dann auch tatsächlich ihre Ergebnisse dieser Überprüfung vor. Keineswegs
jedoch erschöpfte sich die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Proto-Indus-
trialisierung in den eben angesprochenen Untersuchungen. Eine ganze Reihe von
Einzelfallstudien verschiedener Autorinnen und Autoren folgte auf den Anstoß in
den 1970ern,35 ehe seit den 1990er Jahren „das Interesse am Konzept der P. [Proto-
industrialisierung] deutlich zurückgegangen“ sei, wie Ulrich Pfister, einer der Haupt-
protagonisten der deutschsprachigen Protoindustrialisierungsdiskussion, schreibt.36
Auf eine ausführlichere Diskussion des Ganges der Debatte rund um die theoreti-
schen Modelle der Proto-Industrialisierung wird hier allerdings ebenso verzichtet wie
auf eine Kommentierung der diversen Einzelfallstudien. Ausdrücklich hingewiesen
sei an dieser Stelle jedoch auf einen der jüngsten großen Beiträge zur Debatte um
die Protoindustrialisierung, der mehrere Berührungspunkte mit der vorliegenden
Arbeit aufweist: die 2002 erschienene Studie Stefan Gorißens zur „Sozialgeschichte
der Firma Harkort im Zeitalter der Protoindustrie“.37 In seiner Untersuchung geht
Gorißen zunächst unter anderem von der Feststellung aus, „dass viele der ursprüngli-
chen Modellannahmen sich empirisch nicht verifizieren ließen“.38 Übriggeblieben sei
„allenfalls ein Strukturbegriff ‚Protoindustrie‘ zur Kennzeichnung heimgewerblicher
Exportgewerbe an zumeist ländlichen Standorten“, und so verwundere es auch nicht,
34 Vgl. Kriedte/Medick/Schlumbohm, Industrialisierung vor der Industrialisierung, 1977, S. 34 f.
35 Der Gang der Theoriediskussion wird etwa nachgezeichnet bei Markus Cerman/Sheilagh C. Ogilvie,
Einleitung: Theorien der Proto-Industrialisierung, in: Proto-Industrialisierung in Europa. Industri-
elle Produktion vor dem Fabrikszeitalter (Beiträge zur historischen Sozialkunde, Beiheft 5/1994), hg.
v. Markus Cerman und Sheilagh C. Ogilvie, Wien 1994, S. 9–21. Im selben Band folgen Beiträge,
die das Modell der Proto-Industrialisierung auf verschiedene Regionen Europas anwenden. Ein wei-
terer Band mit „Anwendungsbeispielen“: Dietrich Ebeling/Wolfgang Mager (Hg.), Protoindustrie in
der Region. Europäische Gewerbelandschaften vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (Studien zur Regi-
onalgeschichte 9), Bielefeld 1997. In ersterem Band findet sich ein allgemeiner Beitrag von Markus
Cerman zur Situation in der Habsburger Monarchie beziehungsweise Österreich: Markus Cerman,
Proto-industrielle Entwicklung in Österreich, in: Proto-Industrialisierung in Europa. Industrielle
Produktion vor dem Fabrikszeitalter (Beiträge zur historischen Sozialkunde, Beiheft 5/1994), hg. v.
Markus Cerman u. Sheilagh C. Ogilvie, Wien 1994, S. 161–175. Tirol wird hier nicht erwähnt.
36 Ulrich Pfister, Protoindustrialisierung, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 10, Stuttgart 2009, Sp.
505–514, hier: Sp. 507.
37 Vgl. Stefan Gorißen, Vom Handelshaus zum Unternehmen. Sozialgeschichte der Firma Harkort im
Zeitalter der Protoindustrie (1720–1820) (Beiträge zur europäischen Gesellschaftsgeschichte 21),
Göttingen 2002.
38 Ebd., S. 17. Zu diesem Schluss kommt auch Ulrich Pfister, Protoindustrialisierung, 2009, Sp. 506.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435