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2.2. Die Trivialschule in Fulpmes im Jahre 1785 45
Winterschulkurs von Herst 1782 bis zum Frühjahr 1783 definitiv teilgenommen ha-
ben dürfte: In einer Aktensammlung des Landgerichtes Mieders findet sich ein leider
anonym und ohne exakte Datierung verfasster „Bericht über den Zustand der Teut-
schen Schulen im Ght. Stubay Kreyses Unter Innthal, nach vollendeten Winterkurse
ao. 1783“, der umfassende Verzeichnisse der SchülerInnen, beziehungsweise ihrer Fä-
higkeiten und Schulbesuchsfrequenz beinhaltet.13 In der Tabelle aus Fulpmes scheint
eben auch der siebenjährige Michael Pfurtscheller, Stiefsohn des Johann Volderauer,
auf. Seit 18. November 1782 hatte er demnach am Unterricht dieses Winterschul-
kurses teilgenommen. Nach dessen Vollendung im Frühjahr 1783 wurden ihm „lesen
gut, schreiben schlecht“, ein „gutes Gedächtnis“ und „gute Sitten“ attestiert. Neun
Mal hatte er diesem Bericht zufolge gefehlt.14 Falls Michael Pfurtscheller also nicht
– und diese Möglichkeit ist doch als recht unwahrscheinlich zu bezeichnen – nach
1783 von einem Privatlehrer unterrichtet wurde,15 besuchte er die von Tusch 1785
beschriebene, und wenig später noch einmal durch Fragebögen des Kreisamtes er-
fasste,16 Trivialschule im Fulpmer Widum:17
Hier gab es Joseph Tuschs Bericht zufolge zwei voneinander getrennte Klassen-
13 Vgl. „Bericht über den Zustand der Teutschen Schulen im Ght. Stubay Kreyses Unter Innthal, nach
vollendeten Winterkurse ao. 1783.“, o. D. [1783], TLA, Aktenserie LG Mieders, „1815–1820“,
Fasz. 36, Abt. „1818 – Justizakten des Bez Ger. Mieders“. – Dieser Bericht enthält auch einige allge-
meine Informationen zum Schulwesen im Stubaital. Da sich diese mit denen im weit ausführliche-
ren Bericht Joseph Tuschs decken, von dem überdies noch Urheber und Entstehungsdatum bekannt
sind, wird in der Folge Letzterer als Informationsquelle zum Stubaier Schulwesen herangezogen.
14 Vgl. „Bericht von den Stande des Schulwesens zu Vulpmes“, o. D. [1783], TLA, Aktenserie LG
Mieders, „1815–1820“, Fasz. 36, Abt. „1818 – Justizakten des Bez Ger. Mieders“.
15 „Kinder, beiderlei Geschlechts, deren Aeltern, oder Vormünder in Städten eigene Hauslehrer zu
unterhalten nicht den Willen, oder nicht das Vermögen haben, gehören ohne Ausnahme in die
Schule […]“, heißt es in Paragraph 12 der allgemeinen Schulordnung von 1774. Auf einen solchen
Hauslehrer – ohnehin in erster Linie ein städtisches Phänomen – finden sich bei Michael Pfurtschel-
ler keinerlei Hinweise. (Vgl. [Kropatschek], Sammlung aller k.k. Verordnungen und Gesetze, Bd. 7,
1786, S. 128.)
16 Vgl. Fragebögen zum Stubaier Schulwesen, 15. Dezember 1785, TLA, Sammelbestand Finanzbe-
hörden, Fasz. 475.
17 Die folgende Aussage Heinz Mosers aus dem 1987 erschienenen Dorfbuch von Fulpmes ist in dieser
Frage wohl auch im Hinblick auf Michael Pfurtscheller zutreffend: „Die Kinder reicherer Eltern,
vor allem der im Eisenhandel tätigen, mussten zwangsläufig die Schule besuchen, denn ohne gute
Kenntnis von Lesen und Schreiben hätten sich die internationalen Handelsbeziehungen wohl kaum
aufrechterhalten lassen.“ (Heinz Moser, Zur älteren Schulgeschichte, in: Fulpmes, hg. v. Werner
Köfler und Emerich Pittl, Fulpmes 1987, S. 118.) Aus einer solchen Handelsfamilie stammte auch
Michael Pfurtscheller. Sein Stiefvater Johann Volderauer war als Metallwarenverleger tätig, er hatte
im Jahr 1780 im Zuge der Heirat mit Gertraud Wiesflecker, Witwe des Matthäus Pfurtscheller und
Mutter von Michael Pfurtscheller, die Geschäfte Matthäus Pfurtschellers übernommen. (Vgl. Kap.
5.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435