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2.2. Die Trivialschule in Fulpmes im Jahre 1785 47
räume für Mädchen und Buben. Die Mädchen wurden von Maria Volderauer unter-
richtet18, die Buben vom in Innsbruck in der neuen Lehrmethode geprüften Franz
Schmid, für den Katechismus war Kurat Andreas Käser zuständig, der zugleich auch
das Amt des Schulaufsehers ausübte.
Die Zahl der „schulmäßigen“ Kinder betrug laut Tusch 110, 54 Mädchen und 56
Buben. Soweit sich aus der punktuellen Überprüfung des Schulvisitators feststellen
lässt, war die Schulbesuchsdisziplin recht hoch. 102 der 110 schulpflichtigen Kinder
besuchten, so der Bericht Joseph Tuschs, auch tatsächlich die Schule.19
Derartig hoher Schülerzahlen erfreute sich jedoch nur die „Werktagsschule“. Die
Sonn- und Feiertagsschule, eine durch die erwähnte allgemeine Schulordnung ein-
geführte „Wiederholungsschule“ für die 12- bis 20-Jährigen, war weit weniger gut
besucht.20 Von den 338 Jugendlichen dieser Altersgruppe im Stubaital besuchten
lediglich 175, also etwas mehr als 50 Prozent, die Sonn- und Feiertagsschule, so
Schulvisitator Tusch.21
Zur Dauer der Unterrichtsperiode äußert sich Joseph Tusch nicht. Er führte seine
Visitationen im Frühjahr des Winterschulkurses 1784/1785 durch. Allgemein wurde
in Tirol zu dieser Zeit hauptsächlich die „Winterschule“ gehalten, wobei ein Schul-
18 Die Lehrerin dürfte in der neuen Lehrmethode geprüft gewesen sein. Visitator Joseph Tusch kategori-
siert sie als „abgerichtet“, ein Terminus, der von ihm wohl als Synonym für „geprüft“ verwendet wurde.
(Vgl. Visitationsbericht Joseph Tusch, 19. April 1785, TLA, Jüng. Gub., Gubernialakten, Fasz. 2503,
Nr. 11.714.) – Hinsichtlich des Namens der Lehrerin ist Tusch ein Fehler unterlaufen: Er nennt diese
„Gertraud Volderauer“. In einer ebenfalls aus dem Jahr 1785 stammenden Quelle findet sich als Vor-
name der Lehrerin jedoch „Maria“. (Vgl. Fragebögen zum Stubaier Schulwesen, 15. Dezember 1785,
TLA, Sammelbestand Finanzbehörden, Fasz. 475.) Das eigenhändig verfasste Testament der „Jungfer
Maria Volderauerin, ehemalige Schullehrerin allda“ aus dem Jahr 1811 weist ebenfalls klar darauf hin,
dass sich Visitator Tusch hinsichtlich des Vornamens der Lehrerin geirrt hat. (Vgl. Testament Maria
Volderauer, 25. Januar 1811, TLA, VB Stubai, 34/246, Registerteil 2, Beilage zw. Blatt 312 u. 313.)
19 Vgl. Visitationsbericht Joseph Tusch, 19. April 1785, TLA, Jüng. Gub., Gubernialakten, Fasz. 2503,
Nr. 11.714.
20 An Sonn- und Feiertagen sollten, der allgemeinen Schulordnung von 1774 folgend, nachmittags
zwei Stunden Unterricht gehalten werden. Weder bei den Schulhaltern, die diese Stunden meist
– so auch im Stubaital – unentgeltlich zu halten hatten, noch bei den Jugendlichen und deren
Eltern stieß diese Einrichtung auf sonderliche Beliebtheit. Es bestand hier auch kein wirklicher
Schulzwang. Lediglich für Handwerksburschen war der Besuch der Sonn- und Feiertagsschule obli-
gatorisch. Sie hatten vor der Ablegung der Gesellenprüfung einen Nachweis über den Schulbesuch
zu erbringen. Insgesamt waren die Sonn- und Feiertagsschulen wesentlich weniger besucht als die
„Werktagsschulen“. (Vgl. Hölzl, Pflichtschulwesen, 1972, S. 227–232; sowie: Visitationsbericht Jo-
seph Tusch, 19. April 1785, TLA, Jüng. Gub., Gubernialakten, Fasz. 2503, Nr. 11.714.)
21 Vgl. Visitationsbericht Joseph Tusch, 19. April 1785, TLA, Jüng. Gub., Gubernialakten, Fasz. 2503,
Nr. 11.714. – An anderer Stelle jedoch beziffert Tusch die Zahl derer, die die Sonn- und Feiertags-
schule nicht besuchen, mit nur 85.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435