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3.1. 1797 65
Kirchen „ab der Kanzel“ zum Ausrücken aufgefordert, so Pfurtscheller, der weiter be-
richtet, dass man diesem Aufruf dann auch bereits am folgenden Tag nachgekommen
sei. Etwa 500 Mann stark – Pfurtscheller gibt an, die genaue Truppenstärke nicht zu
kennen – zog das Landsturmaufgebot des Gerichtes Stubai am 26. März Richtung
Süden ab.38 Ein Umstand, den Franz Kolb in seinem Werk zu den Kriegsereignissen
in Tirol in den Jahren 1796/97 anders darstellt: Nur das Aufgebot aus dem Gericht
Steinach sei aufgrund der unmittelbaren Bedrohung von der anderen Brennerseite
bereits am 26. ausgezogen, die anderen Gerichte hätten noch eine weitere Verstän-
digung abgewartet. Die Zeitpunkte für den Abmarsch der anderen Gerichte sollten
erst in Konferenz von Landschaft und Gerichtsausschüssen am 26. März beschlossen
werden.39 Auch Pfurtschellers Angaben sind nicht eindeutig, er widerspricht sich an
anderer Stelle in seinen Aufzeichnungen hinsichtlich des Tages der Ausrückung des
Stubaier Landsturmes selbst. Anders als in seinen Berichten aus den Jahren 1834 und
1838 schreibt er in einer nicht datierten, provisorischen Standesliste die erläuternde
Bemerkung: „1797 Den 27ten März ist Das Hofgericht Stubey in Massa gegen die
Franzosen aus Marschiert, und den 6ten April Glüklich zurückgekomen, v. Fulpmes
sind 168 Mann ausgerückt.“40 Der exakte Tag der Ausrückung des Stubaier Land-
sturmes muss also wohl ungeklärt bleiben.
Die 168 Fulpmer Landstürmer hätten sich gleich beim Auszug selbst in Korporal-
schaften eingeteilt, was später Organisation und Proviantverteilung deutlich verein-
facht habe, so Pfurtscheller.41 Die Mannschaftsstärke habe sich jedoch bald nach dem
Auszug „sichtbar vermindert“, erklärt er weiter. Er selbst habe sich bemüht, schlecht
ausgerüsteten oder unzureichend beziehungsweise gar nicht bewaffneten Kameraden
die Heimkehr zu ermöglichen. Zu diesem Zweck habe er ihnen Vorweise ausgestellt,
deren Inhalt er selbst zitiert: „die Überbringer oder Vorzeiger dieses – werden in ihre
Haimat zurückgeschikt – um Waffen, Proviand und Gewand zu holen […].“42 Diese
Schreiben hätten die Militärposten, die, so Pfurtscheller, die Landesverteidiger am
38 Vgl. Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 7 f. – In sei-
nem Bericht aus dem Jahr 1838 nennt Pfurtscheller ebenfalls den 26. März als den Tag des Auszuges
des Stubaier Landsturmes. (Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D.
[1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 2 [vgl. Anm. 6].)
39 Vgl. Kolb, Freiheitskampf 1796/97, 1957, S. 595–597.
40 Standes- und Verlustliste zu 1797, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 1, Nr. 17.
41 Vgl. Entwurf Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 1,
Nr. 19, S. 9.
42 Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 8 f. – Nahezu
gleichlautend auch hier: Abschrift Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 1 Nr. 12, S. 5.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435