Seite - 70 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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70 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Pfurtscheller gibt an, er sei hier für die Verteilung der nachgelieferten Lebensmittel
zuständig gewesen. Nach kurzer Ruhezeit wurde der Marsch durch das Maulser Tal
in Richtung Ritzail fortgesetzt, wo dann kurze Nachtruhe gehalten wurde. Am fol-
genden Tag, schon bald nach Mitternacht, rückten die Landesverteidiger dann gegen
die französischen Truppen vor.66 Die bereits erwähnte, aus Innsbruckern und Stubai-
ern zusammengesetzte Schützenkompanie Attlmayrs bildete dabei die Vorhut. Für
die Nachhut beziehungsweise den Flankenschutz war Johann Gänsbacher abgestellt.
Dieser erklärt in seinen „Denkwürdigkeiten“, er habe von Wörndle in Mauls den
Auftrag erhalten, während der Nacht zwischen Ritzail und Mauls zu patrouillieren
um dem Landsturm den Rücken zu sichern.67
Aus dem 1798 vom Kommandanten von Wörndle verfassten Bericht geht die Dis-
position der verschiedenen Aufgebote detaillierter hervor: Landsturm und Milizkom-
panie aus Innsbruck sollten demzufolge über das Valser Joch nach Vals vorrücken,
wohin offenbar schon die bereits erwähnte, aus Innsbruckern und Stubaiern zusam-
mengesetzte, Scharfschützenkompanie unter Hauptmann Attlmayr vorgedrungen
war. Schützen und Landsturm des Gerichts Sonnenburg sollten über den Bergrücken
in die Gegend um den Weiler Spinges vorrücken, die Landsturmkontingente des
Gerichts Rettenberg, aus Axams, Sellrain und Wilten sollten auf dem Valser Joch, die
Aufgebote von Sterzing und Stubai68 schließlich – wie von Pfurtscheller beschrieben
– in Ritzail übernachten und dort jeweils weitere Befehle abwarten.69 Auch die Pat-
rouillentätigkeit Gänsbachers erwähnt von Wörndle. Allerdings lassen die Aussagen
Gänsbachers und von Wörndles durchaus auch Fragen offen. Von Wörndle berichtet,
er habe „eine Patrouille von 25 Mann unter Korporal Gänsbacher in das Maulserthal
zurück [geschickt], um diese Nacht hindurch die Bewegungen des Feindes auf der
Landstraße zu beobachten“. Diese Patrouille sei am 2. April um 3 Uhr morgens nach
Ritzail zurückgekehrt mit der Auskunft, auf der Landstraße habe sich nichts getan.
Daraufhin sei von Wörndle „mit der in Rittsail übernachteten Mannschaft“ – das wa-
ren laut seinen eigenen Aussagen die Aufgebote aus Sterzing und dem Stubaital – „ge-
gen das Vallser Joch“ abmarschiert, wo man um 6 Uhr früh angekommen sei. Über
66 Vgl. ebd.
67 Vgl. Senn, Gänsbacher, 1986, S. 7 f.
68 Von Wörndle spricht von den Stubaiern „unter Hauptmann Winkler“. Darauf, dass dem Stubaier
Aufgebot Johann Gänsbacher als Hauptmann zugeteilt worden sei, nachdem der Kontakt zu Wink-
ler verlorengegangen war, wie Michael Pfurtscheller und Johann Gänsbacher berichten, deutet hier
nichts hin. (Vgl. Bericht Philipp von Wörndles 1797, 18. Januar 1798, TLMF-Bib., Dip. 1232/II,
Bl. 4 v.; sowie: Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 10
f.; sowie: Senn, Gänsbacher, S. 7 f.)
69 Vgl. Bericht Philipp von Wörndles 1797, 18. Januar 1798, TLMF-Bib., Dip. 1232/II, Bl. 4 v.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435