Seite - 72 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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72 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Reterird nach Ochssenboden Verfolg & bis Ober Milbach [Mühlbach] Abends 6 Uhr
Retteriert.“74
Die Angaben sind etwas kryptisch formuliert und leider nicht datiert, würden jedoch
dafür sprechen, dass Pfurtscheller nicht in Gänsbachers Nachhut im Einsatz war,
sondern unter Wörndle gegen Mühlbach und Spinges vorrückte. Aus einem Brief
Gänsbachers an Pfurtscheller aus dem Jahr 1837, der sich im Nachlass des Fulpmers
findet, geht allerdings wiederum hervor, dass die beiden persönlich bekannt waren,
was dafür spricht, dass Pfurtscheller doch mit der Nachhut patrouilliert haben könn-
te.75 Allerdings beschreibt Pfurtscheller die Beteiligung Gänsbachers an den Ereig-
nissen dieses 2. April 1797 in seinem Bericht nicht den Tatsachen entsprechend:
Nach seiner Darstellung war Gänsbacher direkt an den Kämpfen rund um Spin-
ges beteiligt.76 Im erwähnten Schreiben an seinen „verehrten alten Freund“ Michael
Pfurtscheller vom 2. Oktober 1837 bestätigt dieser zwar Pfurtschellers Schilderung
der Übernahme des Kommandos über einen Teil des Stubaier Aufgebotes. Allerdings
ersucht er auch um die Berichtigung der Darstellung seiner Beteiligung am Kampf
bei Spinges. Er habe nämlich, anders als in Pfurtschellers Bericht dargestellt, als
Kommandant der Nachhut nicht direkt an den Kampfhandlungen teilgenommen.77
Die Männer des Stubaier Landsturms – also auch Michael Pfurtscheller – kehr-
ten jedenfalls, so dessen Bericht, am 6. April in ihre Heimatgemeinden zurück. Die
Schützen folgten am 30. des Monats, sie hatten die durch das Pustertal weiterziehen-
den gegnerischen Truppen noch bis an die Kärntner Grenze verfolgt. Die Verluste der
Stubaier, besonders die der Gemeinde Neustift, waren beträchtlich, so Pfurtscheller.
Neun Tote seien zu beklagen gewesen, sechs von ihnen aus Neustift stammend. Au-
74 Notizzettel zu April 1797, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 1, Nr. 8.
75 Vgl. Johann Gänsbacher an Michael Pfurtscheller, 2. Okt. 1837, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 1, Nr. 16.
76 Vgl. Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 12.
77 Vgl. Johann Gänsbacher an Michael Pfurtscheller, 2. Okt. 1837, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 1, Nr. 16. – Woher Johann Gänsbacher den Inhalt von Pfurtschellers Bericht an das
Landgericht Mieders kannte, ist unklar. Möglicherweise schickte Pfurtscheller seinen Bericht an
Gänsbacher, um seine eigenen mit dessen Erinnerungen an die Ereignisse des Jahres 1797 abzu-
stimmen. Den von Gänsbacher angebrachten Änderungsvorschlag hat Pfurtscheller – zumindest in
den drei erhaltenen Versionen seines Berichtes zu 1797 – nicht berücksichtigt. Gänsbacher sei an
den Kampfhandlungen in und um Spinges am 2. April 1797 beteiligt gewesen, heißt es hier. (Vgl.
Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 12; sowie: Abschrift
Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 1 Nr. 12,
S. 7; sowie: Entwurf Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 1, Nr. 19, S. 15.)
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435