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3.2. 1799/1800, 1805 85
von Italien krönen. Um den Ambitionen Napoleons Einhalt zu gebieten forcierten
Russland und England unterdessen die Bildung einer neuen Koalition gegen Frank-
reich, der auch Österreich im August 1805 beitrat. Anfang September entsandten die
Österreicher dann bereits Truppen nach Bayern. Napoleon hatte indessen Bündnisse
mit süddeutschen Staaten geschlossen, die er durch Versprechen territorialer Zuge-
winne, beziehungsweise der Zuerkennung oder Ausweitung von Souveränitätsrech-
ten auf seine Seite gezogen hatte.133 „Napoleon war es in geschickten diplomatischen
Verhandlungen gelungen, sich als der ‚bessere Kaiser‘ zu präsentieren.“134
Die Kriegserklärung Frankreichs an Österreich erfolgte am 23. September, zwei
Tage später überquerte die französische Hauptarmee unter Napoleons Kommando
den Rhein. Die folgenden Monate verliefen aus der Sicht der österreichischen Mili-
tärs desaströs. Im November zog Napoleon siegreich in Wien ein, Anfang Dezember
siegten seine Truppen in der großen Schlacht bei Austerlitz, Kaiser Franz I./II. und
sein Verbündeter, Zar Alexander I., mussten zuerst einem Waffenstillstand, dann am
26. Dezember 1805 dem Frieden von Pressburg zustimmen. Napoleons Machtfülle
war nun größer denn je, das Reich stand vor dem Ende. Für Österreich waren aber-
mals große territoriale Verluste das Ergebnis des Friedensschlusses. Venetien, Istrien,
Dalmatien mussten an das Königreich Italien abgetreten werden, die italienische Kö-
nigswürde Napoleons musste anerkannt werden. Tirol mit den Territorien der sä-
kularisierten Hochstifte Trient und Brixen fiel an Napoleons Verbündeten Bayern,
der Breisgau, einige Städte am Bodensee und das österreichische Schwaben wurden
zwischen Bayern, Baden und Württemberg aufgeteilt.135
Sowohl Frankreich als auch Österreich hatten vor dem Krieg gegenüber Bayern
klargemacht, dass sie eine Neutralität des Kurfürstentums nicht akzeptieren würden.
In dieser bedrohlichen Situation hatte man sich in Bayern für die Seite Frankreichs
entschieden, eine Entscheidung, die sich in Anbetracht des Kriegsverlaufes als die
richtige erwies. Französische Truppen unter General Michel Ney sollten über Tirol
die Verbindung mit der französischen Italienarmee unter General Masséna herstellen.
Dies gelang, nur kurz durch Gefechte am Pass Lueg, am Pass Strub und bei Schar-
nitz zwischen dem 1. und 4. November aufgehalten, auch sehr bald. Bereits am 6.
November konnte General Ney in der Innsbrucker Hofburg Quartier beziehen. Am
21. war die Verbindung mit den Truppen in Oberitalien wie vorgesehen hergestellt.
Zunächst war Tirol nun also von französischen Truppen besetzt, die im Laufe des
133 Vgl. Brigitte Mazohl, Österreich und Europa zur Zeit von Revolution und Krieg (1789–1809), in:
Bernhard Mertelseder/Brigitte Mazohl/Johannes Weber, 1809 – und danach? Über die Allgegenwart
der Vergangenheit in Tirol, Bozen 2009, S. 37–59, hier: S. 45–50.
134 Ebd., S. 51.
135 Vgl. ebd., S. 51 f.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435