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96 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
präsentierten. […] Nach einem kurzen Verweilen begaben sich Se. Majestät der König,
Se. Königl. Hoheit der Kronprinz, und die übrigen hohen Anwesenden von Schmiede
zu Schmiede, sahen den beschädigten Schmieden arbeiten zu, erkundigten sich über den
am 30. Aug. v. J. hier ereigneten Bergfall, sahen mit tiefster Rührung die Ruinen von so
manchem Werke, und munterten die Arbeiter zur Ausharrung auf. Endlich begaben sich
Allerhöchstdieselben in das Waarenlager des hiesigen Verlegers, Michael Pfurtscheller, nah-
men die dortigen Stubayer Waren in Augenschein, und äußerten wiederholt ihren höchsten
Beyfall.“ 172
Während des Aufenthaltes in Pfurtschellers Warenlager habe man dann von der Ge-
burt der Zwillinge des Schmiedes Georg Jenewein erfahren. Der König wies darauf-
hin den ebenfalls anwesenden Landrichter Johann von Lama173 an, in seinem Na-
men als Taufpate zu fungieren.174 Außerdem wurde den Kindern ein „Pathengeld“
in Höhe von 216 Kronen zum Geschenk gemacht. „Mit Tränen in den Augen“ und
unter Bekundung „innigster Segenswünsche“ sei der königliche Besuch schließlich
verabschiedet worden, berichtet die Innsbrucker Zeitung in bayerisch-patriotischem
Überschwang.175
Ende des gleichen Jahres wurde Pfurtscheller dann, wie er auch in seinem Beitrag
über 1809 an Joseph Rapp berichtet, einstimmig zum Orts- beziehungsweise Gemein-
172 Besuch des Königs Maximilian I. Joseph in Fulpmes, in: Innsbrucker Zeitung, Nr. 46, 9. Juni 1808. –
Vgl. dazu auch: J. Egger, Geschichte Tirols 3, 1880, S. 450 f; sowie: Hueber, Michael Pfurtscheller,
1891, S. 8.
173 Johann von Lama [auch: Delama] (1737–1811) war zuvor Richter des Landgerichtes Sonnenburg
gewesen. Im November 1806 wurde er zum Richter des Landgerichtes Innsbruck ernannt. Guber-
nial-Praktikant Carl von Egloff und der ehemalige Richter des Hofgerichtes Stubai, Joseph von
Stolz, fungierten nun ab Dezember 1806 im Landgericht Innsbruck als seine Hilfskräfte. (Vgl. K.B.
Reg.-Bl. 1806, Nr. 51, 17. Dezember 1806, S. 470; sowie: Ekkehard Hofbauer, Tiroler Gerichtsbe-
dienstete zur Zeit der bayrischen Besetzung, in: Tiroler Heimatblätter 48 (1973), Heft 2, S. 53–55,
hier: S. 53; sowie: Granichstaedten-Czerva, Die bayerischen Landrichter, 1962, S. 241.) Anfang
Januar quittierte Joseph von Stolz dann seinen Aktuarsposten. Darauf wird weiter unten noch näher
eingegangen werden. (Vgl. Kap. 3.3.3.2.)
174 Es handelte sich um die Kinder des Schmieds (Die Berufsbezeichnungen im Taufbuch sind in Latein
formuliert und meist abgekürzt. Hier lautet die Bezeichnung „fabr. ferr.“ [fabricator ferrarii].) Georg
Jenewein und seiner Frau Creszentia, geborene Vergörer. Die Kinder erhielten die Namen Maximi-
lian Joseph und Carolina Josepha (nach der Ehefrau des Königs, Karoline Friederike Wilhelmine von
Baden). Als Taufpate wird angeführt: „Sua Majest. Maximilianus Josephus Rex Bavario etc., in eius
antes Nomine Joannes de Lama protor Oenipont. etc.“. Der König ließ sich also in dieser Sache von
Johann von Lama, Richter des Landgerichtes Innsbruck, vertreten. (Vgl. Taufbuch Fulpmes I, TLA,
Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3.)
175 Vgl. Besuch des Königs Maximilian I. Joseph in Fulpmes, in: Innsbrucker Zeitung, Nr. 46, 9. Juni
1808.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435