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3.3. 1809 103
nicht besonders unglücklich über das Rücktrittsgesuch von Stolz’. So meinte Gene-
rallandeskommissar von Arco, von Stolz habe sich in seiner neuen Position ohnehin
nicht sonderlich ambitioniert gezeigt, sodass „der hiesige Landrichter von Lama we-
nig Unterstützung durch denselben“ gehabt habe.205
Die Nachricht vom Dienstaustritt „ihres“ ehemaligen Hofrichters und nunmehri-
gen Aktuars löste bei den Stubaier Bezirks- beziehungsweise Gerichtsausschüssen206
Besorgnis aus. Man fürchtete, das nun vakant gewordene exponierte Aktuariat in
Schönberg würde nicht nachbesetzt werden. In einem von Gerichtsanwalt Elias Do-
manig207 verfassten, von den Bezirksausschüssen des Stubai unterzeichneten Bitt-
schreiben an das Generallandeskommissariat vom 8. Januar 1807 ersuchte man „Um
gnädigste perpetuirliche Beybelaßung eines Königlichen exponierten Actuars im Be-
zürke Stubay“. Argumentiert wird in dem Schreiben unter anderem mit der Abgele-
genheit, speziell der Gemeinde Neustift. Außerdem gebe es im „Stubayer Bezürke eine
sehr beträchtliche Menge von Eisen Manufakturanten und Handelsleuten“, deren
Geschäfte zu einem verglichen mit anderen Regionen erhöhten Aufkommen gericht-
licher Vorgänge führten.208 Die Sorge war durchaus berechtigt. Am selben Tag, an
dem die Stubaier Bezirksausschüsse ihr Bittschreiben an das Generallandeskommissa-
riat unterzeichneten, schlug der zuständige Richter des Landgerichtes Innsbruck, von
Lama, derselben Stelle die Auflassung des ständigen Aktuariats in Schönberg vor.209
In einer ausführlichen Begründung seines Vorschlags gegenüber dem Generallandes-
kommissariat erklärte von Lama, die anfallenden Angelegenheiten ließen sich leicht
von einem in Innsbruck wohnhaften Aktuar erledigen, der an ein bis zwei Tagen pro
Woche nach Schönberg reisen könnte – der erwähnte von Anreiter übernahm diese
Aufgabe. Das Landgericht in Innsbruck jedenfalls könne aufgrund der vielen anfal-
lenden Arbeit nicht ständig einen Aktuar für das Stubai entbehren.210
205 Abschrift Bericht Generallandeskommissariat an Ministerium des Innern, 10. Juli 1807, TLA, GLK
für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.
206 In den Quellen zur Diskussion um den exponierten Aktuarsposten in Schönberg werden die beiden
Begriffe „Gerichtsausschüsse“ und „Bezirksausschüsse“ abwechselnd und synonym verwendet.
207 Elias Domanig (1755–1830) war Wirt und Postmeister in Schönberg, außerdem Gerichtsanwalt
und -kassier für das Stubai. (Vgl. Schmölzer, Kampfgenossen, 1905, S. 54; sowie: Carl Domanig,
Anton Obrist: Stögerbauer in Stans, Elias Domanig: Postmeister in Schönberg, Die Kronenwirts-
leute von Hall: Ein Briefwechsel (Anno Neun 21 u. 22), Innsbruck 1909, S. 37–54.)
208 Vgl. Bittschreiben der Stubaier Bezirksausschüsse an das Generallandeskommissariat für Tirol, 8.
Januar 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.
209 Vgl. Generallandeskommissariat an LG Innsbruck, 9. Januar 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr.
7, V/I/DI/1.
210 Vgl. Bericht von Lamas an das Generallandeskommissariat, 20. Januar 1807, TLA, GLK für Tirol,
Karton Nr. 7, V/I/DI/1.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435