Seite - 130 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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130 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Pfurtscheller ersucht den Adressaten um finanzielle Hilfe für etwaige zukünftige Aus-
rückungen, die Gemeinde Fulpmes könne die Kosten nicht mehr alleine tragen. Die
Standesliste umfasst zwar lediglich 135 Personen, in der Anmerkungsspalte bemerkt
Pfurtscheller jedoch, am 11., 12. und 13. April 1809 seien 164 Männer aus der
Gemeinde Fulpmes ausgerückt, also wesentlich mehr als in den bereits erwähnten
Berichten angeführt.320 In den Standeslisten, die für die Gubernial-Liquidationskom-
mission im Jahr 1830 erstellt wurden, findet sich hinsichtlich der Zusammensetzung
des Aufgebotes eine weitere Variante.321 In der Standesliste von Fulpmes für die Tage
vom 11. bis 13. April 1809 finden sich 91 Namen. In der Addition aller Stubaier
Aufgebote ergibt sich jedoch wiederum – wie gehabt – die Gesamtsumme von 348.322
Schon am frühen Morgen des 12. April begannen die Tiroler Aufgebote ihren
Angriff auf Innsbruck. Der Schwerpunkt der Kämpfe lag dabei zuerst im Westen
und Nordwesten der Stadt, wenig später drangen auch die am Bergisel südlich der
Stadt lagernden Aufgebote in die Ebene vor. „Bald erschienen auch die Scharen von
der Seite des Iselberges, die Stubaier unter Pfurtscheller, die vom Iglser Mittelgebirge
und die Wiltener unter Patsch“, so schreibt Josef Hirn. „Sie trafen als die Letzten
ein“, fährt er fort und ergänzt, dass auch schon am frühen Morgen ein Vorstoß von
dieser Seite unternommen worden sei, dieser jedoch von bayerischer Kavallerie beim
Oberrauch’schen Haus in Wilten zurückgeschlagen wurde. Der Großteil der vor-
gerückten Mannschaft habe sich jedoch wieder zurück in die Stellung am Bergisel
retten können. Im zweiten Anlauf sei der Vorstoß bis in die Altstadt dann aber gelun-
gen, trotz hartnäckigen Widerstandes der bayerischen Truppen am Wiltener Friedhof
und in der Neustadt, der späteren Maria-Theresien-Straße.323 Adolf Hueber und Jo-
320 Vgl. Abschrift Michael Pfurtscheller an Joseph Kirchmair, 30. Juni 1809, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 48; sowie: Standesliste Fulpmes an Joseph Kirchmair, 30. Juni 1809,
TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 49.
321 Die Abrechnung der Landesverteidigungskosten konnte 1819 noch nicht abgeschlossen werden.
Seitens der Liquidationskommission wurde damals kritisch bemerkt, wirkliche Standeslisten würden
fehlen: „Die […] Beilagen sind keine Standeslisten, sondern nur abschriftliche Aufrufe zur Landes-
vertheidigung, denen überhin alle Legalität fehlt.“ (Vgl. Abschrift Gagenrechnung Stubai, 10. Mai
1819, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 84.) Im Mai 1830 wurden Standeslisten für
das Stubaital zu den in Frage kommenden Ereignissen im Jahr 1809 erstellt und, durch Richter von
Guggenberg vom damals neuen Landgericht Mieders bestätigt, an die Liquidationskommission des
Guberniums gesandt. (Vgl. Standeslisten Gericht Mieders, TLA, Standeslisten der Landesschützen
und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders.)
322 Vgl. Standeslisten Gericht Mieders zum 11., 12. und 13. April 1809, 16./18./20. Mai 1830, TLA,
Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht
Mieders, Nr. 1.
323 Vgl. J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 309–311.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435