Seite - 148 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 148 -
Text der Seite - 148 -
148 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
einem seiner Berichte an Joseph Rapp.403 An anderer Stelle berichtet er davon leicht
abweichend, die Stubaier seien bereits um 12 Uhr mittags heimgezogen.404 In bei-
den Berichten an Joseph Rapp bringt Pfurtscheller jedoch seine Skepsis hinsichtlich
der Disziplin der Landesverteidiger zum Ausdruck. „Um Excessen von Betrunkenen
auszuweichen“405, sei er bestrebt gewesen, seine Mannschaft möglichst bald aus der
Stadt zu führen.
124 Mann des Stubaier Aufgebotes blieben jedoch bis zum folgenden Tag zur
Beobachtung in Innsbruck, so Pfurtscheller in seinem Bericht an das Landgericht
Matrei. Ebendort berichtet er außerdem, dass sich am 15. April aufgrund der Nach-
richt, bayerische Truppen würden über Mittenwald vorrücken, noch einmal ein 306
Mann starkes Landsturmkontingent aus dem Stubaital auf den Weg dorthin machte.
Es habe sich dann jedoch herausgestellt, dass es sich um eine Fehlmeldung gehandelt
hatte, worauf die Stubaier in Zirl kehrtmachten.406
Schenkt man den erst 1830 zusammengestellten Standeslisten für diese beiden
Tage Glauben, so war Pfurtscheller am 14. April nicht beteiligt, seine Berichte enden
ja auch mit der Heimkehr ins Stubaital am Nachmittag des 13. April. In der Stan-
desliste für die Ausrückung am 15. April jedoch wird er wiederum als Anführer der
70 ausgerückten Fulpmer angeführt.407 Nähere Informationen zu den Ereignissen
dieser beiden Tage finden sich in Pfurtschellers Berichten nicht. Keinen Aufschluss
geben diese auch zu einem, angeblich vom 16. April 1809 datierenden, Schriftstück
aus Pfurtschellers Hand, das in seinem Nachlass erhalten ist und demzufolge „die
Stubajer alle nach Natters komen, und [jene,] die Geeisen [Steigeisen] haben[,] mit
uns gleich vorrüken“ sollten. Es scheint keinerlei Reaktion auf diesen Aufruf gegeben
zu haben. Unterzeichnet ist das Schreiben mit „Grander“. Das ist der Hausname
Michael Pfurtschellers, den dieser zwar gelegentlich ergänzend zu seiner Unterschrift
hinzufügte, den er jedoch in den übrigen erhaltenen Quellen nicht als alleinige Un-
Pfurtscheller. (Vgl. Viktualienpreise im Stubaital 1809/1810/1812, o. D., TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 76.)
403 Vgl. Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D., TLA, Ma-
terialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9. – auch zitiert bei: Schennach, Revolte, 2009, S. 466
f.
404 Vgl. Pfurtscheller an Rapp zu den Ereignissen im April, o. D., TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 8.
405 Ebd.
406 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79.
407 Vgl. Standeslisten Gericht Mieders zum 14. und 15. April 1809, 16./18./20. Mai 1830, TLA, Stan-
deslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mie-
ders, Nr. 4 u. 7.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435