Seite - 152 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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152 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Bereits zwei Tage, nachdem die Abschrift in Innsbruck angefertigt worden war,
begann der soeben zum Schutzmann ernannte Pfurtscheller mit der ihm aufgetra-
genen Arbeit. In seinem Nachlass findet sich ein von ihm selbst auf der Rückseite
als „Schützen-Werbung“ titulierter Aufruf an die Fulpmer. „Auf Geheiß der Hohen
Schutz Deputation zu Innsbruck“ sei im Stubai eine 120 Mann starke, freiwillige
Landwehr- beziehungsweise Schützenkompanie zu bilden. Alle Interessierten sollten
sich spätestens bis zum 29. April 1809 bei Ortsvorsteher Pfurtscheller melden:
„Alle jene Bewohner dieser hiesigern Ehrsammen Gemeinden, welche aus Liebe für ihren
besten Landes Vater, und Monarchen, und überhaubt für die allgemeine gute Sache gegen
eine tägliche Löhnung von einem halben Gulden (guten Geldes) freywillig sich als mitglie-
der dieser zu errichtten Kompagnie, die am Tage des Ausmarsches in Innsbruck mit Pulver
und Bley versehen werden wird, hervorthun und einschreiben lassen wohlen, werden hie-
mit aufgefordert, bis längstens übermorgen bey dem hiesigen Gemeinds Vorsteher MPF [als
Einfügung: „Dem Michael Pfurtscheller“] hier über aufrichtig sich zu erklären, der auch
im Stande sein wird wieder [weitere] Auskünfte, und noch umständlicheren Aufschluß auf
Verlangen gewissenhaft mitzutheilen.“424
Allerdings scheinen diese Bemühungen Pfurtschellers nicht vom erwünschten Erfolg
gekrönt gewesen zu sein. Es scheint, als hätte es an Freiwilligen für den sechswöchi-
gen Grenzeinsatz, für den die Kompanien vorgesehen waren, gemangelt. Am 29. Ap-
ril erging neuerlich ein Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer, in dem er verschiedene
Argumente für eine freiwillige Meldung zur Landesverteidigung ins Treffen führt:
Vor allem „Fulpmes als Fabbrik ort“ hätte besondere Ursache, die österreichische
Krone der bayerischen vorzuziehen.425 Weniger lokalspezifisch und recht profan, aber
wohl nicht minder überzeugend waren die beiden anderen Argumente Pfurtschellers.
Erstens komme die Gemeindevorstehung für die Verpflegung während der Ausrü-
ckung auf, und zweitens sei die Alternative das Ausrücken mit dem Landsturm, für
das es keine Löhnung von 30 Kreuzern pro Tag gebe.426
Auf Schwierigkeiten bei der Anwerbung von Freiwilligen weist auch die Abschrift
eines Schreibens Joseph von Stolz’ an die Gemeindevorsteher des Stubaitales vom
Abend des 28. April 1809 hin. Zumindest rechnete von Stolz offensichtlich damit,
dass es derartige Schwierigkeiten geben könnte. Für den Fall, so schreibt er, dass
424 „Schützen-Werbung“, 27. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 12.
425 Vgl. Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer I, 29. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 16; sowie: Kap. 3.3.4.
426 Vgl. Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer I, 29. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 16.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435