Seite - 153 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 153
sich nicht genügend Freiwillige finden ließen, seien die Ortsvorstehungen dafür
verantwortlich, die Mannschaft auf Grundlage des Steuerfußes zusammenzustellen.
Neustift habe demnach 48, Fulpmes 22, Telfes 20, Kreith 4, Mieders 17 und Schön-
berg 9 Mann zu stellen.427 Schwierigkeiten wurden auch hinsichtlich der Bewaffnung
der Kompanie erwartet. Seitens der Schutzdeputation zeigte man sich zwar über-
zeugt, dass genügend Gewehre vorhanden sein müssten, schließlich wären ja auch
viele bei der Einnahme von Innsbruck „erobert“ worden,428 doch Michael Pfurt-
scheller befürchtete in einem weiteren Aufruf an die Fulpmer vom 29. April, dass es
„an Stutzengewehren gebrechen wird“.429 Vonseiten der Schutzdeputation waren für
diesen Fall „Leihwaffen“ vorgesehen, die im Zeughaus in Innsbruck zur Abholung
bereitgestellt waren.430 Pfurtscheller setzte stattdessen auf Nachbarschaftshilfe. Jene
Stutzenbesitzer, die nicht auszurücken vorhatten, ersuchte er, ihre Waffen „gegen
gerichtliche Dafürhaftung“ zu verleihen.431
Über das Zustandekommen und die Ausrückung dieser Schützenkompanie fin-
den sich in Pfurtschellers Nachlass nur wenige Informationen. Die Mannschaft soll
schließlich am 5. Mai 1809432 unter einem gewissen Hauptmann Anton Danler433,
einem entsprechenden Befehl der Innsbrucker Schutzdeputation folgend, nach
Scharnitz zum Grenzschutz ausgerückt sein. Unter den Männern hätten sich ins-
gesamt 33 Fulpmer befunden, also um elf mehr als nach dem erwähnten Steuerfuß
vorgesehen. Pfurtscheller spricht in diesem Zusammenhang deshalb von „Überzähli-
gen“.434 Seine „Schützen-Werbung“ scheint also schließlich doch von Erfolg gekrönt
427 Vgl. Von Stolz an die Gemeindevorstehungen Stubaital, 28. April 1809, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 15.
428 Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1649, Periode II, Nr. 1.
429 Vgl. Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer II, 29. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 17.
430 Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1649, Periode II, Nr. 1.
431 Vgl. Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer II, 29. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 17.
432 Die Abschrift eines Schreibens der Innsbrucker Schutzdeputation „An das Gericht Stubay“ vom
28. April 1809, zu finden in Joseph Rapps ergänzenden Unterlagen zu seinem Werk „Tirol im Jahre
1809“ in der Bibliothek des Ferdinandeums, weist darauf hin, dass der Befehl zur Ausrückung der
Kompanie nach Scharnitz bereits an diesem Tag erfolgte. In dem Schreiben wird darauf verwiesen,
dass in einer Sitzung der Schutzdeputation an ebendiesem 28. April beschlossen worden sei, welche
Gerichte wohin Landesverteidiger zu entsenden hatten. Der betreffende Abschnitt des Sitzungspro-
tokolls würde noch folgen. (Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1649, Periode
II, Nr. 1.) Der angekündigte „Auszug des Protokolls“ fehlt hier jedoch.
433 Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten
1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 18 [vgl. Anm. 6].
434 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435