Seite - 158 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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158 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Pulver und Blei wurde zum Teil mitgeführt, zum Teil ebenfalls aus Fulpmes nachge-
liefert.452 Für den Ernstfall eines Gefechts waren diese Mengen jedoch bei weitem zu
gering. Den Großteil der erforderlichen Munition erhielten die Landstürmer wohl
durch das reguläre Militär. Aus Fulpmes erhielt das Aufgebot zwar 7 ½ Pfund Pul-
ver und 25 Pfund Blei, doch in seinem Bericht an den in der Gegend um Volders
kommandierenden Offizier Franz Karl Veyder453 forderte Pfurtscheller weitere „circa
100 Pfund Platten Bley u. circa 50 Pfund Scheibenpulver“ an.454 Ob die Stubaier
diese Lieferung auch wirklich erhielten, ist nicht belegbar. Es wurde jedoch seitens
des Militärs Munition an die Landstürmer verteilt, wobei es zu chaotischen Szenen
gekommen sei, berichtet Veyder.455
Ihre Bewaffnung hatten die Stubaier selbst organisiert.456 Die Angaben über die
Zusammensetzung dieser Ausrüstung divergieren jedoch ebenso wie die zur Trup-
penstärke. Den im Jahre 1830 für die Gubernial-Liquidationskommission erstellten
Standeslisten des Gerichtes Mieders für die Ausrückung des Stubaier Landsturmes
nach Tulfes im Mai 1809 zufolge hatten 407 von ausgerückten 420 Mann Schuss-
waffen – Stutzen, Karabiner oder Flinten – zur Verfügung.457 Im dieser Standesliste
zufolge 98 Mann starken Fulpmer Aufgebot waren lediglich Michael Pfurtscheller
als Anführer und sein Fähnrich Georg Pfurtscheller – die beiden waren mit Säbeln
bewaffnet – sowie vier Musikanten ohne Schusswaffen ausgezogen.458 Ein anderes
Bild ergibt sich jedoch aus einer 129 Mann umfassenden Fulpmer Standesliste vom
10. Mai 1809, also kurz vor der Ausrückung des Landsturmes. Dieser Aufstellung
452 Vgl. Michael Falbesoner und Johann Lutz an Michael Pfurtscheller, 16. Mai 1809, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 27.
453 Franz Karl Freiherr Veyder von Mahlberg (1775–1830) ist im Mai 1809 als Corpsadjutant unter
General Chasteler in der Gegend um die Volderer Brücke im Einsatz. (Vgl. Blaas, Josef Daney, 2005,
S. 452; sowie: Wurzbach, Lexikon, Bd. 50, 1884, S. 254–257.)
454 Vgl. Berichte Pfurtschellers an Veyder, 15. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2,
Nr. 25.
455 Vgl. Franz Karl von Veyder, Journal der Kriegs-Begebenheiten und sonstigen täglichen Vorfälle im
Feldzuge von 1809. Das 8. Armeekorps unter Commando des Herrn General Feldmarschalllieut-
nants Marquis von Chasteler betreffend, 12. September 1810, TLMF-Bib., FB 2071, Nr. 1, S. 105 f.
456 Viele Landstürmer hatten auch auf dem Weg nach Volders in Innsbruck – teils gewaltsam – versucht,
sich Waffen und Munition zu sichern. (Vgl. Meighörner, Tagebuch Di Pauli, 2008, S. 271–273;
sowie: Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 256.) In den bearbeiteten Quellen finden sich keinerlei Hinweise
darauf, dass Stubaier Aufgebote an diesen Vorfällen beteiligt gewesen wären.
457 Vgl. Standeslisten Gericht Mieders von 14. bis 19. Mai 1809, 16./18./20. Mai 1830, TLA, Standes-
listen der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders,
Nr. 12–15.
458 Vgl. Standesliste Gemeinde Fulpmes von 14. bis 19. Mai 1809, 18. Mai 1830, TLA, Standeslisten
der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 13.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435