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164 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
[des Rückzuges Buols] nicht abgekühlt“, so erklärt Josef Hirn.483 Dipauli berichtet
in seinem Tagebucheintrag zum 17. Mai 1809 jedoch, dass viele Landsturmaufge-
bote nach Bekanntwerden des Abmarsches Buols und seiner Truppen den Rückzug
antraten und auf dem Heimweg Innsbruck passierten. „Da ergriff uns die Furcht;
was sollen wir allein gegen soviel Kanonen u. Reiterey ausrichten?“, zitiert er einen
Rückkehrer, mit dem er in Innsbruck gesprochen haben will.484 Es habe allgemeine
Uneinigkeit geherrscht, berichtet er weiter. Während einige Landsturmaufgebote
heimwärts zogen, wurden andere eben erst nach Volders beordert. Einige der zu-
rückströmenden Landesverteidiger seien wiederum zur Rückkehr in ihre Stellungen
überredet beziehungsweise an der Heimkehr gehindert worden.485 Auch Joseph Rapp
berichtet vom Entschluss einiger Landstürmer, sich zurückzuziehen. „Bei weitem der
größte Teil der Sturmmassen“ sei jedoch in den Stellungen um Volders geblieben,
um es ohne Unterstützung durch das österreichische Militär mit den gegnerischen
Truppen aufzunehmen.486
Der Stubaier Landsturm scheint ebenfalls auf seinen Posten geblieben zu sein. Das
geht zumindest aus den nachträglichen Berichten zur Berechnung der Aufwandsent-
schädigungen für die Landstürmer aus den Jahren 1819 und 1830 sowie aus Pfurt-
schellers Darstellung der Kriegsereignisse aus dem Jahr 1838 hervor.487
„Gemäß hohen Befehl von Sr. Excellenz des K.K. General Marq. Chasteller ddo. Innsbruck
14 Mai 6 Uhr frühe Lit. F. rükte die Stubajer Massa unverweilt noch am nämlichen Tag den
14ten bis Rinn u. Tulfes, u. besezte Windeck und Volderberg – blieb bis 19ten dto. stehen
– alwo sie Vorposten Dienste gegen Pill u. Schwaz verrichteten.“488
Ein Widerspruch dazu ergibt sich jedoch aus einer Quelle aus dem Jahr 1809. In den
bereits mehrfach zitierten ergänzenden Bemerkungen zur Standesliste der Gemeinde
Fulpmes vom 30. Juni 1809 berichtet Pfurtscheller, dass nur etwa ein Drittel der
Fulpmer Landstürmer auf dem Posten blieb:
483 J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 420.
484 Meighörner, Tagebuch Di Pauli, 2008, S. 279.
485 Vgl. ebd. S. 278–282.
486 Vgl. Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 287.
487 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: Standeslisten Gericht Mieders von 14. bis 19. Mai
1809, 16./18./20. Mai 1830, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien
1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 12–15; sowie: Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge
zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 9 [vgl. Anm. 6].
488 Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435