Seite - 181 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 181
Die Zivilverwaltung übernahm nun, wie schon im April, wiederum der kaiserliche
Intendant von Hormayr, das militärische Oberkommando wurde von Chasteler auf
Buol übertragen.555 Die Ruhe im Land war jedoch angespannt. Sehr schnell war klar,
dass weder der Erfolg der Österreicher unter Erzherzog Karl über die Truppen Napo-
leons bei Aspern und Eßling im Marchfeld noch der Erfolg der Tiroler und Buols bei
Innsbruck in der Auseinandersetzung mit dem französischen Kaiser und den mit ihm
verbündeten Bayern eine dauerhafte Entscheidung bedeuten würden. Im Süden des
Landes, rund um Trient und Rovereto, wurde noch im Juni gekämpft,556 weiterhin
blieben Schützenkompanien an den Grenzen postiert, um diese abzusichern.557 Um
die Stimmung im Land zu illustrieren, zitiert Schemfil einen Briefwechsel zwischen
Buol und von Hormayr, den Letzterer im zweiten Band seines Werkes über Andreas
Hofer und 1809, erschienen 1845, wiedergibt.558 Buol sieht in seinem Schreiben an
den Intendanten vom 5. Juni 1809 die Lage in Tirol überaus pessimistisch:
„Sie werden sehen, man lässet uns sitzen und die im Marchfeld [die österreichische Haupt-
armee] denken nur an sich selber und zehren noch immer an ihrem Sieg [Aspern und
Eßling]. – Sie haben wol bis dato das Unmögliche getan, lieber Vetter, aber wo sollen wir
in die Länge Geld, Pulver, Montour und Victualien [Lebensmittel] herkriegen? […] Sie
haben Recht: wir sind in der Situation eines Festungscommandanten, der keinen Entsatz
mehr hofft, aber blos um der Ehre willen sich vertheidigt, so lange er nur immer kann.“559
Auch im Stubaital beschäftigten die Vorkehrungen zur Landesverteidigung weiterhin
die Gemeindevorstehungen. Pfurtscheller wendet sich am 18. Juni 1809 in dieser
Sache an die Dorfbewohner. „Alle Besitzer Eigener – oder geliehener Feuer und an-
derer Mordgewehre“ sollten ihre Waffen einsatzbereit halten, „damit die Streitbare
555 Vgl. J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 492; sowie: Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 174 f.
556 Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 175 f; sowie: Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 377–401.
557 Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 176. – Die bereits mehrfach erwähnte Stubaier Kompanie
unter Hauptmann Anton Danler sei ja bis zum 26. Juni in Scharnitz postiert gewesen. (Vgl. Entwurf
Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: „Summarischer Ausweis“, 30. Juni 1830, TLA, Standeslisten
der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr.
20.) Von 13. Juli bis 1. August war wiederum eine Kompanie Freiwilliger unter Hauptmann Dan-
ler in Scharnitz beziehungsweise Leutasch im Grenzeinsatz. (Vgl. Standesliste Schützenkompanie
Danler, 22. April 1817, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809,
Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, ad Nr. 17.)
558 Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 177 f.; sowie: [Hormayr], Geschichte Andreas Hofer’s 2,
1845, S. 202–204.
559 Zit. nach: Hormayr, Geschichte Andreas Hofer’s, Bd. 2, 1845, S. 203.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435