Seite - 183 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 183
An welchen Unternehmungen auf bayerischem Gebiet die Stubaier unter Danler
beteiligt waren, ist schwer nachzuvollziehen. Dass jedoch auch Stubaier Schützen be-
reit waren, entgegen der vielbeschworenen Tiroler Wehrverfassung, die ja nur die Ver-
teidigung der Grenzen vorsah, auch außerhalb des Landes zu kämpfen, geht aus den
Aufzeichnungen Michael Pfurtschellers hervor. Der letzte große derartige Überfall auf
altbayerisches Territorium wurde von Tiroler Aufgeboten, unterstützt durch reguläres
österreichisches Militär, am 17. und 18. Juli 1809 ausgeführt. Unter der Führung
Martin Teimers wurde unter anderem auch Murnau am Staffelsee in Oberbayern an-
gegriffen.566 Der Angriff war ein Misserfolg. Mit erheblichen Verlusten mussten sich
Tiroler und Österreicher wieder über die Grenze zurückziehen. Auf ebendiesen An-
griffsversuch nimmt Pfurtscheller in seinem Bericht aus dem Jahr 1819 Bezug:
„Am 13ten July zog laut anliegender Standesliste unter Hauptmann Danler eine Freywillige
Compag. Schützen – nach Leutasch, von wo aus selbe – mit titl. Hrn. Major Teimer einen
Ausfall nach Murnau machten; bei dieser gelegenheit verlor gedachte Comp. einen Todten
– einen blessierten und 2 gefangene.“567
Angefügt an diesen Bericht ist ein „Verzeichnis Verunglückter Landesvertheidiger aus
dem Thale Stubaj“, in dem die Angaben über die Verluste der Kompanie konkretisiert
werden. Demnach sei Franz Peer aus Fulpmes „bei Murnau in Bayern v. Feinde getöt-
tet“, Balthasar Markt, ebenfalls aus Fulpmes, „gefangen und blessiert“ worden.568 Hin-
566 Vgl. Carl Baur, Der Krieg in Tirol während des Feldzugs von 1809, mit besonderer Hinsicht auf das
Corps des Obersten Grafen von Arco, München 1812, S. 68–78; sowie: Eduard von Völderndorff
und Waradein, Kriegsgeschichte von Bayern unter Maximilian Joseph I., Bd. 2, München 1826, S.
267–273; sowie von Tiroler Seite kurz und unter Bezugnahme auf die beiden genannten bayerischen
Autoren: Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 452 f.
567 Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79.
568 Vgl. ebd. – Im 1835 vom Landgericht Mieders vorgelegten „Ausweiß des k.k. Landgerichts Mieders
über die vom Jahr 1796 bis 1814 vor dem Feinde oder im Gefängnisse verstorbenen Landesver-
theidiger“ wird dieser bei Murnau gefallene Franz Peer nicht erwähnt. (Vgl. LG Mieders an KA
Schwaz, 5. Januar 1835, TLA, Abt. LV., 1835/36, Fasz. 257, Buchhaltungsberichte über Defensi-
onsforderungen von 1809, Verlustlisten der Landgerichte des Kreises Unterinntal, LG Mieders.) Da
diese 1834 beziehungsweise 1835 gesammelten Verlustlisten auch den späteren Untersuchungen
zu den Gefallenen des Jahres 1809 zugrunde liegen, wird Franz Peer aus Fulpmes in diesen nicht
angeführt. (Vgl. H. Kramer, Die Gefallenen Tirols, 1940, S. 77 f.; sowie: Andorfer, „Tote Tiroler“,
2009.) Pfurtschellers Bericht aus dem Jahr 1838 jedoch enthält noch detailliertere Informationen
zu den Verlusten bei Murnau. Sowohl Peer als auch Markt seien Schmiedegesellen aus Fulpmes ge-
wesen. Ersterer sei am 18. Juli bei Murnau getötet worden, Markt „empfing 3 Säbelhieb, und wurde
Gefangen“, so Pfurtscheller. (Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435