Seite - 186 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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186 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Anscheinend war die Zusammenstellung der geforderten Lebensmittellieferungen
jedoch nicht ganz unproblematisch. Davon zeugt ein Schreiben des Neustifter Ge-
meindevorstehers, Peter Volderauer, an Michael Pfurtscheller vom 31. Juli:
„Lieber Colegi
Ich möchte gerne wissen wie ihr euch in betref der Vieh Lieferung verhaltet ich weis kaum
bis Morgen etwas aufzutreiben und ist auch kein Beisitzer zu Hauß das ich einen gehilfen
häte. Wegen der ungleichen auftheilung darf es dich nicht befremden indem doch alles
wird verechnet werden. Bey uns is eine Grösere Lieferung beinahe unmöglich in Sommer
geschwind zu bewerksteligen da das Vieh fast alles mehrere Stunden von Hauß auf den
Alben [Almen] ist auch die Besitzer desselben nich zu Hauße sind ich bitte also mier durch
überbringer des wissen zu lassen wan ihr mit demselben hinunterfahret [nach Innsbruck]
und wie viel ihr liefert
Dein aufrichtiger Freund P.Volderauer in Eil“579
Am 1. August intervenierte dann wohl Joseph von Stolz in Innsbruck gegen die nach
Ansicht der Stubaier zu strengen Forderungen des Militärs. Die Ergebnisse seiner
Bemühungen – die wohl als kleiner Erfolg zu bewerten waren – berichtet er in einem
Rundschreiben an die Gemeindevorsteher des Tales:
„Mit meiner gestrigen Reise nach Inspruck wovon ich erst gegen Mitternacht zurück kam
richtete ich nur so viel mit harter Mihe aus
a. Einen Verlängerungstermin von 24 Stunden zur Einlieferung der Gewehre
b. Die Zusicherung nicht mehr zur Stazion Innsbruck zur Lieferungs Konkurenz aufgefor-
dert zu werden wovon Ankunft wieder frischer Truppen die lasten für die gemeinden vollig
unerschwinglich werden
Lieferung von Lebensmitteln für die in Matrei lagernden Truppen General Rouyers vermittelt einen
Eindruck vom Ausmaß der Forderungen des Militärs: „Die Gemeindevorstehungen von dem Ge-
richte Stubaj haben bei eigener Haftung und selber sich zu schreibenden üblen Folgen, auf Befehl
des Unterzeichneten unverweilt täglich 720 Brod Bortionen [Brotportionen] die Bortion zu 1½
Pfund, 100 Razionen Heu a 15 Pfund eben so viel Haber [Hafer] zu ¼ Star und nemlich 720 Razio-
nen Fleisch zu ½ Pfund in das Lager vor Matrey beyzustellen. Nur die richtige Beystellung sichert die
von ihrer Durchlaucht dem Hrn. Marschall von Danzig zugesicherte allerhöchste Gnade. Übrigens
wird bemerkt, das Fleisch lebendig geliefert werden muß. Der k.k. Franz. Divisions Comandant der
Avantgarde Royer“ (Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1650, Periode III, Nr. 184.)
579 Peter Volderauer an Michael Pfurtscheller, 31. Juli 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
2, Nr. 50.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435