Seite - 189 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 189
letzte Anstoß gewesen sein, zu den Waffen zu greifen. Schon vor dem Erhalt des Ho-
fer’schen Schreibens hatte es in der Umgebung von Innsbruck bereits gegärt. Darauf
weist ein Schreiben des Gemeindevorstehers von Axams, Franz Tiefenbrunner, vom
6. August 1809, an Michael Pfurtscheller hin:
„Das Gericht Axams ist schon bereit die Wafen zu ergreifen so bald mier sechen das ange-
grifen wird so werden mier nicht die lezten sein“586
Die tatsächliche Ausrückung, zumindest der Stubaier Mannschaft, erfolgte dann –
wie erwähnt – fünf Tage später, am 11. August. Aus Pfurtschellers im Jahr 1838 ver-
fasster Darstellung der Ereignisse geht die Taktik des Stubaier Aufgebotes klar hervor:
„Im Matreywald war das Verfolgen stark, am Schönberg geschah wenig, wegen der Laage,
und weil man der Ortschaft zu schonen dachte: aber über den Berg- und ganz vorzüglich
der Brücke in Unterschönberg gegen über, standen im Gehölze Stubayer welche vielfältig
auf nicht weite Distanz mit Hendl Kugeln587 schoßen, und damit leicht getroffen und den
Feind unglaublich vielen Schaden zufügten.“588
Der Einsatz begann also scheinbar recht vielversprechend. Wohl im Zuge der wei-
teren Verfolgung der gegnerischen Truppen in Richtung Innsbruck gelang es der
Mannschaft nämlich auch noch, so schreibt Pfurtscheller in seinen Berichten aus
dem Jahr 1819, mehrere gegnerische Soldaten gefangen zu nehmen.589 Darauf weist
auch eine Quelle aus dem Jahr 1809 hin. Seinem Schreiben an Joseph Rapp vom
586 Franz Tiefenbrunner an Michael Pfurtscheller, 6. August 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 53. – In der 1809-Literatur ist von einem Ignaz Tiefenbrunner aus Axams die Rede.
Es dürfte sich wohl um ein und dieselbe Person handeln. Tiefenbrunner wird in den verschiedenen
Darstellungen jeweils vom bereits erwähnten Georg Bucher überschattet. (Vgl. z. B. Anton Peter-
nader, Tirols Landes-Vertheidigung oder bisher größtentheils noch unbekannte Biografien, Skizzen
und Anekdoten merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger […], Teil 1, Innsbruck 1849, S. 29; sowie:
Rapp, Tyrol 1809, 1852, S. 90; sowie: Hirn, Schmölzer, Kampfgenossen, 1905, S. 57.)
587 Es handelt sich hierbei wohl nicht um die übliche Bezeichnung einer Munitionsart. Die Vermutung
liegt nahe, dass Pfurtscheller hier Schrotmunition meint. Diese wurde – und wird – vor allem in der
Jagd auf kleine Tiere, wie etwa Vögel – eben wohl auch auf Auer-, Reb-, Stein- und andere Hühner,
im Tiroler Dialekt „Hendln“ genannt – eingesetzt. Durch ihre Streuwirkung würde diese Munition
wohl – wie von Pfurtscheller beschrieben – großen Schaden anrichten, wenn sie aus kurzer Distanz
auf eine mehr oder minder geschlossen vorbeiziehende Truppe abgefeuert wird.
588 Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten 1839,
Fasz. 75, Nr. 1105, S. 11 [vgl. Anm. 6].
589 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435