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198 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Schriftstücken in Pfurtschellers Nachlass hin.623 Die waffenfähige Mannschaft des
Tals wurde in sieben Auszüge und eine Reserve eingeteilt, wobei offenbar im Rahmen
einer öffentlichen Versammlung durch ein Losverfahren bestimmt wurde, wer zu
welchem Auszug zählen sollte. Die Ergebnisse der Auslosung wurden in einer Liste
festgehalten.624 Allerdings scheinen diese Bestrebungen Pfurtschellers, die Stubaier
Landesverteidiger zu koordinieren, nicht von allen Gemeinden des Tales als verbind-
lich betrachtet worden zu sein. Gereizt reagierte Pfurtscheller auf die Nachricht, die
Gemeinden Telfes, Mieders und Schönberg würden sich nicht an die von ihm einge-
führten Organisationsstrukturen halten:
„Es verlautet so eben – daß Telfes und Mieders auch Schönberg – wolle mit den ganzen
Landsturm ausrücken und eine seperate Comp. bilden, ohne auf des Unterzeichneten heu-
te gemachte Anordnung zu Morgigen Ausrükkung v. Nro. 2 u. der Zuzüge Nro. 3 und 4
rüksicht zu nehmen!
Dieselben haben sich rükanworthlich bestimmet zu erklären ob Sie bisher beobachtete
Ordnung der Numerierten Zuzüge noch ferner gelten lassen wollen oder nicht? In lestern
Fall will ich mir die weitere Mühe gern ersparen.
Von der Gemeinde telfes habe so eben gleiches erklären abgefordert.“625
Offensichtlich wurde im September jedoch nicht nur die Landsturmmannschaft neu
organisiert. So rückte am 26. September eine 120 Mann starke freiwillige Schüt-
zenkompanie unter Hauptmann Johann Lutz, in dessen Wirtshaus übrigens noch
am 8. September die Fulpmer zur Organisation der Landsturmkompanien zusam-
mengekommen waren,626 zum Grenzschutz ins Achental aus.627 In Pfurtschellers
623 Vgl. TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 60–69.
624 Vgl. Verzeichnis der Stubaier Auszüge im Oktober 1809, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 63.
625 Pfurtscheller an die Gemeindevorstehungen Mieders und Schönberg, 19. Oktober 1809, TLMF,
Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 66.
626 Vgl. Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer, 8. September 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 58.
627 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: Standeslisten Schützenkompanie Lutz, 24. Mai
1830/18. März 1819/27. April 1817, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkom-
panien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 18. – Auch die den Standeslisten beige-
legte Abschrift einer Marschroute für die Schützenkompanie Lutz über Jenbach ins Achental – das
Original stammte „Vom K.K. Obercomando Tyrols den 26 7ber 1809“ und war von Andreas Hofer
unterzeichnet – weist auf die Ausrückung an diesem Tag hin. Das Original dieser Marschroute findet
sich in der Unterlagensammlung Joseph Rapps in der Bibliothek des Ferdinandeums. (Unterlagen
zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1651, Periode IV, Nr. 108.) In edierter Form findet sich das
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435