Seite - 199 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 199 -
Text der Seite - 199 -
3.3. 1809 199
Verteidigungsplan stellte diese Kompanie wohl den ersten „Auszug“ dar.628 Laut der
Standesliste vom 18. März 1819 setzte sich dieser aus 36 Neustiftern, ebensovielen
Fulpmern, 20 Telfern, 15 Miederern, 9 Schönbergern und 3 Kreithern – für den
Feldpater Johann Baumann fehlt eine Ortsangabe – zusammen.629
Auch für die „Daheimgebliebenen“ war die Landesverteidigung in den folgen-
den Wochen die bestimmende Thematik. Einen Eindruck von der Stimmungslage
im Stubaital vermittelt ein Schreiben Michael Pfurtschellers an Hauptmann Johann
Lutz in Pertisau am Achensee vom 2. Oktober. Pfurtscheller berichtet darin von den
Schwierigkeiten im Stubai, Lebensmittel für die Schützenkompanie zu sammeln.
Der zusammen mit dem Schreiben geschickte Proviant solle an die bedürftigsten
Schützen, „jene so nur wenig von ihre Hausleute empfangen haben“, verteilt wer-
den. Außerdem informiert Pfurtscheller Johann Lutz – dieser ist schließlich auch
Gemeindebeisitzer in Fulpmes – über die jüngsten Vorgänge hinsichtlich der Landes-
verteidigung, die die Dorfgemeinschaft betreffen. Pfurtscheller beklagt die in diesem
Zusammenhang anfallenden hohen Kosten. Hofers Oberkommandantschaft habe
die Gemeinden verpflichtet, Anleihen für die provisorische Landesverwaltung zu
gewähren, außerdem war die Gemeinde verpflichtet worden, sich an den Verschan-
zungsarbeiten am Bergisel zu beteiligen:
„Von obgedachten Oberkomando – kam nach Eurer Abreise Befehl – daß Ein gezwungenes
Anlehen – gleich wie es die Intendantschaft im Juni ausschrieb – unverweilt zu erlegen.
Zudem kam vorgester Ordre – daß Fulpmes 30 Mann am Bergisel abschicken soll, welche
heute wirklich dahin abgingen um aldort Schanzen zu helfen;
Also Unkosten über Unkosten.“630
Schreiben wiederum in Andreas Oberhofers „Weltbild eines ‚Helden‘“. (Vgl. Oberhofer, Weltbild,
2008, S. 438.)
628 In der Zusammenstellung der verschiedenen „Auszüge“ vom Oktober 1809 fehlen Angaben über die
Mitglieder des ersten „Auszugs“. Dieser Umstand kann darauf zurückzuführen sein, dass ebendie-
ser in Form besagter freiwilliger Schützenkompanie unter Hauptmann Lutz bereits Ende Septem-
ber ausgerückt war. (Vgl. Verzeichnis der Stubaier Auszüge im Oktober 1809, o. D., TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 63.)
629 Vgl. Standeslisten Schützenkompanie Lutz, 18. März 1819, TLA, Standeslisten der Landesschützen
und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 18.
630 Michael Pfurtscheller an Johann Lutz, 2. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
2, Nr. 62. – Das Original des Befehls Hofers an die Gemeinden Fulpmes, Telfes und Kreith, jeweils
30 Mann zur Mithilfe an den Verschanzungsarbeiten am Bergisel zur Verfügung zu stellen, auf das
Pfurtscheller in diesem Schreiben Bezug nimmt, findet sich in der Unterlagensammlung Joseph
Rapps in der Bibliothek des Ferdinandeums. (Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib.,
FB 1651, Periode IV, Nr. 132.) In edierter Form ist es bei Andreas Oberhofer zu finden. (Vgl. Ober-
hofer, Weltbild, 2008, S. 452.) Auf der Rückseite des Originals findet sich ein Vermerk von Pfurt-
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435