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200 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Der Rest des Schreibens beinhaltet eine Auflistung der Absender und Empfänger
der einzelnen Lebensmittelrationen. Zur Lieferung beigetragen haben demzufolge
nur die Gemeinden Neustift, Fulpmes und Telfes. „Die Herren Miederer und Schön-
berger werden vermutlich selbst eine Eigene Fuhr abschicken?“, bemerkt Pfurtschel-
ler in sarkastisch anmutendem Ton.631 Offensichtlich sorgten sowohl die Aufteilung
der Lebensmittelbeiträge nach Gemeinden als auch die Frage, wer für Transport und
Verpackung der Lieferung aufzukommen hatte, für Diskussionsstoff im Tal. So sind
die folgenden zwei Bemerkungen aus Pfurtschellers Schreiben wohl vor dem Hinter-
grund dieser Diskussionen zu sehen, die auf der in diesen Tagen drückenden Ressour-
cenknappheit fußten:
„Die Fuhr mußte wiederum von hier [Fulpmes] genohmen werden, weil andere Gemein-
den nicht Pferde entbehren können, Neustift versprach aber auch gleich zu zahlen; […]
Hiesiges Gebäke u. Brod etc. ist in 1 Faß […] gepacket, daß ich mir wie leere Säcke zurük
aus bitte!“632
Eigentlich hatte ja Oberkommandant Hofer in seinem bereits erwähnten Schreiben
vom 22. September zugesichert, die Schützenkompanie mit Geld und Lebensmitteln
zu versorgen.633 Zumindest bis zum 30. September – von diesem Datum stammt
wohl das Schreiben von Hauptmann Lutz, auf das sich Pfurtscheller in seinem Brief
an ebendiesen bezieht – scheint die Stubaier Kompanie jedoch weder Löhnung noch
Verpflegung erhalten zu haben. Darauf lässt folgende Bemerkung Pfurtschellers
schließen:
„Mir hoffen anderer seits – daß ihr vom Oberkomando zugesicherte Lebensmitteln und
Löhnung nun richtig empfangen werdet, Titl. Hr. v. Stolz wird sich diesfalls für eüch
Verwenden.“634
schellers Hand, der besagt, er habe das Schreiben am 20. Oktober erhalten. Pfurtscheller scheint hier
eine Verwechslung hinsichtlich des Datums unterlaufen zu sein. Im seinem Schreiben an Johann
Lutz gibt Pfurtscheller an, das Schreiben am 30. September erhalten zu haben.
631 Vgl. Michael Pfurtscheller an Johann Lutz, 2. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 62.
632 Ebd.
633 „[…] hat jeder Gemein wie vorher 30 xr [Kreuzer] taglich Lohenz [Lohn] zu erhalten […]. Hinsicht-
lich der Verpflegung erhalten die Schützen täglich (jedoch nur in Unterinnthal) 1 Pfund Fleisch und
1 ½ Pfund Br [Brot]. Jedoch dan haben selbe nur mehr 12 xr täglich anzufordern. Das übrge nemlh
18 xr werden für Kost aufgerechnet.“ (Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1651,
Periode IV, Nr. 107.)
634 Michael Pfurtscheller an Johann Lutz, 2. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435