Seite - 204 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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204 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Michael Pfurtschellers in den betreffenden Tagen ist das erste Schreiben Etschmanns
vom 26. Oktober 1809 von Bedeutung. Adressiert ist dieses „An Herrn Hauptmann
Pfurtscheller am Berg Ißl“.647 Das Schreiben gibt also sowohl über den – zumindest
von Johann Etschmann vermuteten – Verbleib Pfurtschellers an diesem 26. Oktober
als auch über seine Position innerhalb der Tiroler Aufgebote Aufschluss.648 Der Inhalt
des Schreibens ist indes überaus banal. Etschmann urgiert, Pfurtscheller möge doch,
wenn er künftig einen „Untergebenen“ um Proviant schicke, diesem einen schriftli-
chen Auftrag mitgeben:
„Haben sie die Liebe, und bey künftiger abordnung eines Mannes hieher, etwas schriftliches
an den Unterzeichneten mit zugeben ansonst kann selber nich ausfolgen lassen, weil jeder
ohne Schrift, oder Quittung der Comandanten fordern könnte was ihm anbassend wäre.
[…] Beyliegende Quittg. bittet man gehörig zurück zu senden.“649
Die beiden anderen Schreiben Etschmanns, vom 27. und 31. Oktober 1809, sind
an die Gemeinde Fulpmes addressiert. In ihnen fordert Etschmann, als „K.K. Ver-
pflegsoffizier“ unterzeichnend, Lebensmittellieferungen für die am Bergisel postier-
ten Tiroler Aufgebote. Bemerkenswert sind dabei vor allem die Konsequenzen, die
Etschmann für den Fall androht, dass seinen Aufforderungen nicht Folge geleistet
würde – eine Möglichkeit, mit der Etschmann offensichtlich rechnete. Er sähe sich
dann genötigt, Andreas Hofer von der Weigerung der Gemeinde in Kenntnis zu
setzen:
„Derselben [der Gemeinde Fulpmes] wird bey Schwerster Verantwortung aufgetragen auf
der Stelle das schon gestern Requirierte Fleisch hieher zu liefern, indem der Unterzeichnete
beauftragt ist die gehörige Requisition auszuschreiben, und grosser Mangel an Lebens Mit-
tel ist, sollte dieser Auftrag nicht eilends befolget werden, so ist er [Etschmann] gezwungen,
solches dem Sandwirth auf der Stelle zu melden.“650
647 Johann Etschmann an Michael Pfurtscheller, 26. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 70.
648 Vgl. ebd.
649 Ebd. – Aus Pfurtschellers Vermerk auf der Rückseite des Schreibens erschließt sich, dass es bei dem
„Geschäft“ zwischen Etschmann und Pfurtscheller um Salz gegangen war: „Salz liefer. d. 26 8ber
1809“.
650 Etschmann an die Gemeinde Fulpmes, 27. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 71. – Im Schreiben vom 31. Oktober heißt es: „Also wißt ihr die Lage der Sache wie es
steht, und dem Oberkommando wird unter einem Anzeige davon gemacht werden.“ (Etschmann an
die Gemeinde Fulpmes, 31. Oktober 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 72.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435