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3.3. 1809 209
einige „neue“ Details zur Situation in den Stellungen am Bergisel in diesen Tagen an.
So macht er hier Angaben zur Mannschaftsstärke. Er war wohl beauftragt worden,
die einzelnen Aufgebote in Listen „aufzunehmen“:
„am 23 8ber 1809 hatte ich den Auftrag die Landesvertheidiger welche von der Ambrasser-
brücke Stindlwirth bis nahe an Huselhof standen aufzunehmen! ihr Stand war – Schützen
und Landsturm aus Stubai zusamm 580 Mann, dann von Matrei 54 M – 60 von Aschba-
cher aus Achenthal, 410 von Sterzing und 132 von Ritten und Passeier unter Thalguter, 474
aus Wilten und Innsbruck, also zusammen 1710 Mann.“664
Bemerkenswert ist auch die Aussage Pfurtschellers, dass diese angegebene Mann-
schaftsstärke nicht der des 1. November – des Tages des entscheidenden Kampfes
– entsprach. Viele Landesverteidiger seien schon vor diesem Tag eigenmächtig heim-
gekehrt, so Pfurtscheller:
„unsere Mannschaft vom Stindl bis zum Huslhof obige [die Mannschaften von Götzens,
Axams und Sellrain] nicht gezählt mag höchstens 1400 Kopf betragen haben; indem sich
wegen steigender Kälte u. Gefahr in der Stille viele Haim zogen.“665
Wiederum andere Angaben macht Pfurtscheller in seinem bereits mehrfach erwähn-
ten Bericht an den unbekannten „Herrn Professor“666. Zuerst korrigiert Pfurtscheller
diesen hinsichtlich des Tages, an dem er vom Friedensschluss von Schönbrunn erfuhr.
Der Professor hatte offensichtlich in einem Entwurf zu einem Werk zur Geschichte
des Jahres 1809 den 30. Oktober als diesen Tag angegeben. Tatsächlich jedoch habe
sich diese Angelegenheit schon einige Tage früher zugetragen:
„Ich suchte und fande nicht richtig, daß der Freiwillige Zug auf daß Mittelgebirge ober den
Dorfe Hötting bei Ihnen auf den 30 Oktober 1809 vorgemerkt, es war wirklich der 25te
Oktober abends wo wir im Walde ½ Stund vom Feinde enfernt Laagerten, […] Aber den
664 Pfurtscheller an Rapp – Begleitschreiben, 20. September 1837, TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 10. – Diese Angaben unterscheiden sich stark von den Angaben Viktor Schemfils
zur „Kräftegruppierung der Tiroler für die vierte und letzte Bergisel-Schlacht am 1. November“.
Sowohl hinsichtlich der Größe des Stubaier Aufgebotes, als auch hinsichtlich der Namen der an-
geführten Kommandanten sowie der Heimatorte der verschiedenen Kompanien zeigen sich viele
Unstimmigkeiten. (Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, Skizze XXVI.)
665 Pfurtscheller an Rapp – Begleitschreiben, 20. September 1837, TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 10.
666 Vgl. Anm. 357.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435