Seite - 212 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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212 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„Am 27ten Oktober Vormittag wurde der den 14ten dto. zwischen Frankreich und Ös-
terreich abgeschlossene Friede zu Innsbruck öffentlich publiziert; (ein paar von unseren
Schützen waren um Tabak zu kaufen hinab, u. haben es gehört)“674
In der Folge wiederum deckt sich die Darstellung mit der im Brief an den bereits
mehrfach erwähnten unbekannten „Herrn Professor“675. Auch hier spricht Pfurt-
scheller von einem bayerischen Parlamentär, der gedruckte Exemplare des Friedens-
schlusses in die Tiroler Stellungen brachte, wiederum war es Thalguter, der mit den
Schriftstücken zu Hofer ritt und ihren Inhalt als Lüge bezeichnete.676 Am selben
Abend noch sei dann Andreas Hofer in die Stellungen der Landesverteidiger gekom-
men, um „in seiner Schlichten u. Sanften Manier – die Landes Vertheidiger zur Aus-
dauer aufzumuntern“. Seine Reaktion auf den Besuch Hofers schildert Pfurtscheller
in diesem Bericht nun viel ausführlicher und rückt dadurch seine eigene Person nun
stärker in den Mittelpunkt der Erzählung:677
„Während alle Mannschaften Neugierig sich vor die Lagerhüthen aufstellten, blieb unser
Pfurtscheller bei ausgelöschten Feuer sitzen, nahm den Kopf in beide Hände, den es war
ihn sehr bange, daß man ein so gutmüthiges Volk welches der Sache Österreichs und Hofers
zugethan, so täuscht – womit der erwähnte Wiener Friede frisch weg geläugnet wurde.“678
674 Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, I, Bund 1, S. 5.
675 Vgl. Anm. 357.
676 Allerdings macht Pfurtscheller in den beiden Schriftstücken unterschiedliche Angaben hinsichtlich
des Datums, an dem der bayerische Parlamentär in die Stellungen der Tiroler entsandt wurde. Im
Brief an den unbekannten Professor nennt Pfurtscheller den 27., hier nun den 28. Oktober 1809 als
den betreffenden Tag. (Vgl. Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, o. D.,
TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, S. 5; sowie: Pfurtscheller an „Hr. Professor“, 25. August
1833, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 77.)
677 Bereits am Beginn des Fragments bemüht sich Pfurtscheller, seine wichtige Stellung innerhalb des
Stubaier Aufgebotes anhand einer Anekdote aus der Stellung am Bergisel zu betonen: „Es ereignete
sich, daß eine Compagnie Sturmmannschaft ein frisch angekommenes Geschirr Wein gewaltsam
angezapft, und mehrer davon genommen als es ihnen getroffen hätte, dieses wurde dem Pfurtschel-
ler zu Wissen gemacht, als er eben um Nachlieferung von Mangelnden Lebensmitteln nach Hause
schrieb, plötzlich zog er seinen Säbel ab, schickte damit einen Corporal zum Geschirr hin, welcher
den Säbel an den Hahn die Pippen anlehnte. Dieses Ehrenzeichen wurde respektiert, bis der Schaar-
führer erschien, um diesen Wein nach der Ordnung auszutheilen.“ (Fragment Abhandlung 27. Ok-
tober 1809 bis 20. Februar 1810, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, S. 5.)
678 Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, I, Bund 1, S. 6.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435