Seite - 222 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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222 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
rere, angeblich von bayerischen Offizieren ausgestellte Zeugnisse verzeichnet, die den
Einwohnern von Fulpmes, im Besonderen jedoch dem Gemeindevorsteher Michael
Pfurtscheller, tadelloses Verhalten gegenüber den Besatzungstruppen attestieren.709
So heißt es bezüglich einer scheinbar am 10. Januar 1810 ausgestellten derartigen
Bestätigung:
„Ein sehr ausgedehntes Zeugniß für die Gemeinde-Einwohner – welche sich mit die zwar
ungeladenen Gäste, harmonisch andenklich und friedlich mit den k.b. Militär vertragen
haben, wozugleich für den Ortsvorsteher Pfurtscheller Ein Dank angedeutet – ja ausge-
sprochen wurde.“710
Ein Leutnant „Karl de Bauer“ habe in einem weiteren Zeugnis vom 10. Februar 1810
bemerkt, „Nie fielen Klagen oder Excesse vor“.711
Bei aller auf diese Weise ausgedrückter Harmonie bemühte sich Pfurtscheller vor-
sichtshalber dennoch, seine Aktivitäten im Jahr 1809 vor den Bayern zu verschleiern.
So versteckte er nach eigenen Angaben kompromittierende Schriftstücke aus dem
Aufstandsjahr „im Hause eines erprobt biedern Taglöhner[s]“, während viele andere
Anführer des Aufstandes von 1809 belastendes Material einfach vernichteten, erklärt
Pfurtscheller.712 Derartige Vorgehensweisen hatten durchaus ihre Berechtigung, so
Martin Schennach, da sowohl Bayern als auch Franzosen gleichermaßen „auch nach
der Amnestie [im Falle des Endes der Beteiligung am Aufstand Anfang November
1809] durchaus Interesse hatten, über führende Akteure auf Tiroler Seite informiert
zu sein“, um deren weiteres Gebaren besser überwachen zu können. Auf diese Weise
hoffte man, möglichen künftigen Aufstandstendenzen vorgreifen zu können.713
Wie viel die Bayern nun über die Tätigkeiten des Ortsvorstehers Pfurtscheller im
Jahr 1809 wussten, scheint jedoch unerheblich in Anbetracht der vorhandenen Quel-
709 Diese Schriftstücke sind im Nachlass Michael Pfurtschellers nicht zu finden, sie sind lediglich in
Pfurtschellers Zeugnis- und Urkundenverzeichnis festgehalten. (Vgl. Verzeichnis Zeugnisse, Urkun-
den und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1.)
710 Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, Nr.
33, Eintrag zum 10. Januar 1810.
711 Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, Nr.
34, Eintrag zum 10. Februar 1810.
712 Auch Martin Schennach zitiert in dieser Sache Michael Pfurtscheller. (Vgl. Schennach, Revolte,
2009, S. 62 f.) Allerdings stammt dieses Zitat nicht, wie Schennach angibt, aus dem Schreiben Pfurt-
schellers an Rapp vom 29. Juli 1839, sondern aus jenem vom 20. September 1837. (Vgl. Pfurtschel-
ler an Rapp – Begleitschreiben, 20. September 1837, TLA, Materialiensammlung Rapp, Schuber 18
e, Nr. 10.)
713 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 61–63.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435