Seite - 232 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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232 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Beamten Anton von Gasteiger754 – den er fälschlicherweise als Landrichter bezeich-
net – für das Stillhalten der Stubaier im Dezember 1813 verantwortlich.755 Dieser
amtierte zu diesem Zeitpunkt allerdings erst seit rund zwei Monaten in Schönberg,
als provisorischer Landgerichtsverwalter beziehungsweise -verweser: In der Nacht
vom 15. auf den 16. September war der Stubaier Landrichter Franz Xaver Desch756
gemeinsam mit anderen Beamten – darunter auch der Richter des Landgerichts
Steinach, Joseph Franz Wieser757 – von einer von Joseph Speckbacher angeführten
Gruppe Bewaffneter aus Navis gefangengenommen und abgeführt worden.758 Die
754 Anton von Gasteiger (1780–1860) fand in der Tiroler Historiographie vor allem aufgrund seiner
Mitwirkung an den Kämpfen des Jahres 1809 als Anführer eines Aufgebotes aus dem Gericht Vil-
landers Niederschlag. Von 1830 bis 1850 amtierte er als Kreishauptmann für das Unterinn- und
Wipptal in Schwaz. (Vgl. „Hof- und Staats-Handbuch des österreichischen Kaiserthumes“, 1. Teil,
Wien 1848, S. 421; sowie: [Gustav von Gasteiger], Zur Erinnerung an Anton von Gasteiger zu
Rabenstein und Kobach, Dr. der Rechte, k.k. jub. Gubernialrath und Kreishauptmann. Eine bio-
graphische Skizze, Innsbruck 1860; sowie: Rudolf von Granichstaedten-Czerva, Brixen. Reichsfürs-
tentum und Hofstaat, Wien 1948, S. 123–161; sowie: Granichstaedten-Czerva, Die bayerischen
Landrichter, 1962, S. 251.) Akten zur Versetzung von Gasteigers und zur Übernahme des Amtes
eines Landgerichtsverwalters für den Bezirk Stubai finden sich in den Unterlagen des Generalkom-
missariates des Innkreises. (Vgl. TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton Nr. 24, 3/I/F-II/
LG Stubai; sowie: ebenda, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 10.)
755 Vgl. F. Hirn, Geschichte Tirols, 1913, S. 451; sowie: F. Hirn, Bayerisch Tirol, 1913, S. 28, 74 u. 97.
756 Franz Xaver Desch (1784–1849) – zuweilen in Quellen (wohl fälschlicherweise) Joseph Desch ge-
nannt – wurde in Pfarrkirchen in Niederbayern geboren. (Vgl. Granichstaedten-Czerva, Die bayeri-
schen Landrichter, 1962, S. 242–244.) Ehe er im Juni 1813 als Landrichter nach Schönberg versetzt
wurde, war er als Aktuar beim Landgericht Erding in der Nähe von München beschäftigt. (Vgl. Per-
sonalstandstabelle LG Steinach, 20. April 1814, TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton
Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 9.) Die Versetzung Deschs ins Stubai war bereits am 13. Juni verfügt
worden, tatsächlich trat er die Stelle jedoch erst am 21. Juli 1813 an. (Vgl. K.B. Reg.-Bl. 1813, Nr.
34, 23. Juni 1813, Sp. 790 f.; sowie: Amtsübernahme Desch, 21. Juli 1823, TLA, Generalkommis-
sariat des Innkreises, Karton Nr. 24, 3/I/F-II/LG Stubai.) Am 8. Oktober 1813 wurde Desch ins
Landgericht Steinach versetzt. (Vgl. Abschrift Versetzungsmitteilung an Desch, 8. Oktober 1813,
TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 10.)
757 Joseph Franz Wieser (1764–1846) stammte aus Meran. 1812 war er als Landrichter nach Steinach
am Brenner versetzt worden. (Vgl. Granichstaedten-Czerva, Die bayerischen Landrichter, 1962,
S. 287–289.) Am 11. Oktober 1813 übergab er sein Amt an Franz Xaver Desch, der bis dahin
Landrichter im Stubai gewesen war. (Vgl. Amtsübergabeprotokoll Wieser-Desch, 11. Oktober 1813,
TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 10.)
758 Vgl. die Berichte des Stubaier Landrichters Desch und seines Pendants aus Steinach, Wieser, vom
17. sowie des Innsbrucker Gerichtsadjunkten Johann Nepomuk Krumm (Vgl. K.B. Reg.-Bl. 1814,
Nr. 34, 26. März 1814, Sp. 672; sowie: K.B. Reg.-Bl. 1815, Nr. 30, 8. Juli 1815, Sp. 607.) vom
16. September 1813: StAM, MA 7220, Nr. 190, 196 u. 214. – Ferdinand Hirn zitiert ebenfalls aus
diesem Quellenbestand, 1913 wurde dieser jedoch noch unter einer anderen Signatur geführt. (Vgl.
F. Hirn, Geschichte Tirols, 1913, S. 383 f.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435