Seite - 233 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 233
entführten Beamten wurden zwar schon am folgenden Tag wieder freigelassen, die
Behörden beobachteten in der Folge die Situation im Landgericht Stubai – vor allem
aber im benachbarten Bezirk Steinach – jedoch überaus angespannt. Der Steinacher
Landrichter Wieser erhielt am 8. Oktober vom ihm vorgesetzten Generalkommissa-
riat des Innkreises gar die Weisung, sein Amt niederzulegen, da seine „persönliche
Sicherheit“ in Gefahr sei.759 Dass diese Sorge nicht der einzige Grund für die Ent-
scheidung des Generalkommissariats war, geht jedoch aus dessen Ansuchen um Ge-
nehmigung der Außerdienststellung Wiesers an das zuständige Ministerium vom 4.
Oktober hervor. Wieser sei „ein sehr rechtlicher, fleissiger Mann von schüchternem
Karakter, der in krittischen Lagen keine Ruhe u. Besonnenheit zu zeigen im Stande
ist“, er genieße daher „keine eigentliche Achtung“ bei den Untertanen und sei daher
in der gegenwärtig herrschenden kritischen Lage fehl am Platz. An seine Position
sollte nun der bisherige Stubaier Landrichter Desch, ein „sehr thätiger, entschlossener
Beamter“, versetzt werden, das Landgericht Stubai sollte indessen von dem bereits
angesprochenen Anton von Gasteiger provisorisch verwaltet werden.760
Mithilfe der Berichte von Gasteigers an das Generalkommissariat in Innsbruck
lässt sich das von Michael Pfurtscheller in seiner Darstellung aus dem Jahr 1838
gezeichnete Bild der Situation im Stubaital von Oktober bis Jahresende um einige
Details erweitern. Kaum hatte von Gasteiger sein Amt als Gerichtsverwalter angetre-
ten, trafen schon seine ersten Meldungen über die Stimmungslage im Landgericht
Stubai in Innsbruck ein:
„Die vergangene Nacht war völlig ruhig; es wurde nicht mehr gegangen, oder gefahren,
als gewöhnlich; – man hörte keinen Lerm, noch weit weniger das wilde Jauchzen, welches
gewöhnlich der verrätherische Vorbothe einer Volks Bewegung ist. Schon in frühen Morgen
waren, und sind auch gegenwärtig die Leute bey ihrer Arbeit, und scheinen ziemlich gleich-
giltig, und Sorgenlos zu seyn.“761
759 Vgl. Abschrift Generalkommissariat d. Innkr. an LR Wieser, 8. Oktober 1813, TLA, Generalkom-
missariat des Innkreises, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 10.
760 Vgl. Abschrift Generalkommissariat d. Innkr. an Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten,
4. Oktober 1813, TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil),
Nr. 10. – Laut seinen eigenen Angaben übernahm von Gasteiger das Amt am 10. Oktober 1813.
(Vgl. Amtsübernahme von Gasteiger, 10. Oktober 1813, TLA, Generalkommissariat des Innkreises,
Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr. 10.) Sein Vorgänger, Landrichter Desch, meldete bereits am
Tag zuvor nach Innsbruck, dass die Amtsübergabe bereits erfolgt sei. (Vgl. Amtsübergabe Desch, 9.
Oktober 1813, TLA, Generalkommissariat des Innkreises, Karton Nr. 15, 3/I/F-I/2a (2. Teil), Nr.
10.)
761 Von Gasteiger an Generalkommissariat d. Innkr., 11. Oktober 1813, StAM, MA 7221, Nr. 411.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435