Seite - 235 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 235
„Dieses Benehmen wirkte, denn in Mieders und Telfes hat ein vorgeblicher Offizier in Offi-
ziers Uniform zum Sturmläuten persönlich – aber fruchtlos aufgefordert, und ich kann mit
Gewißheit behaupten, daß kein Angesessener aus diesem Landgerichts Bezirke die Waffen
getragen habe, oder ausmarschiert seye.“766
Die Ausführungen des Landgerichtsverwalters von Gasteiger bestätigen also, was Mi-
chael Pfurtscheller in seiner knappen Darstellung der Ereignisse des Jahres 1813 aus
dem Jahr 1838 erklärt: Im Stubaital blieb es im Dezember 1813 weitgehend ruhig.767
Über die „jungen Leute“, die laut Pfurtscheller an den Unruhen in Innsbruck be-
teiligt waren, verliert von Gasteiger in seinem Bericht vom 12. Dezember allerdings
kein Wort.768 Ein fünf Tage später verfasster Bericht des Innsbrucker Generalkom-
missariats an die Regierungsbehörden in München gibt näheren Aufschluss über die
Stubaier Beteiligung. Demzufolge hatten sich wohl einige Gerichtsinsassen an Plün-
derungen in Innsbruck beteiligt – wobei unklar bleibt, in welchem Ausmaß. Von
den Dorfgemeinschaften scheint dieses Verhalten jedoch abgelehnt worden zu sein.
Zumindest war man offensichtlich um ein gutes Einvernehmen mit den bayerischen
Behörden bemüht. Der Bericht des Generalkommissariats stellt die Stubaier Deeska-
lationsbestrebungen sogar als geradezu vorbildlich dar:
„Im Landgerichte Stubay haben bereits die Gemeinden Fulpmes, Mieders, und Telfes die
geraubten Sachen zurückgestellt, den Antheil an dem Aufruhr, den wie sie behaupten, blos
ledige Pursche [Burschen] genommen haben sollen, bey dem Landgerichte bereut, und zu
Protokoll Ruhe und Ordnung und strengere Aufsicht über ihre Söhne und Knechte angelobt.
Das Beyspiel des Landgerichts Stubay, und der hier bereits angelangten volle Wagen mit
geraubten Effekten wird, wie ich hoffe, auf die übrigen Gemeinden der Gegend einen sehr
wesentlichen Einfluß haben.“769
Ob man sich jedoch im Stubaital nun – wie Ferdinand Hirn diagnostiziert – aufgrund
der Beliebtheit und Tüchtigkeit des erst seit knapp zwei Monaten in Schönberg am-
tierenden Landgerichtsverwalters von Gasteiger so ruhig verhielt, bleibt angesichts
dieser Quellen jedenfalls fraglich. Auch die rund 25 Jahre nach den Ereignissen des
766 Ebd.
767 Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten
1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 20 [vgl. Anm. 6].
768 Vgl. ebd.; sowie: Abschrift von Gasteiger an Generalkommissariat d. Innkr., 11. Dezember 1813,
BayHSta, MA 7006.
769 Generalkommissariat d. Innkr. an Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, 17. Dezember
1813, BayHSta, MA 7006.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435