Seite - 246 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 246 -
Text der Seite - 246 -
246 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Treueeid der Stände im Riesensaal der Hofburg entgegengenommen hatte, nahm
er auf dem Rennplatz vor der Hofburg die Parade der angereisten Schützenkompa-
nien ab.816 Die Hauptleute der ausgerückten Kompanien – also wohl auch Michael
Pfurtscheller – seien danach noch vom Kaiser in den Räumlichkeiten der Hofburg
empfangen worden, so Weber in seinem „Denkbuch“.817
Der Rückmarsch der Stubaier Schützenkompanie war ursprünglich noch auf
den Nachmittag des 12. August angeordnet worden.818 Erst auf ein Bittgesuch Mi-
chael Pfurtschellers hin wurde gestattet, in Innsbruck zu übernachten und am 13.
August heimzukehren. In sieben Punkten hatte Pfurtscheller ausführlich erläutert,
warum der Kompanie ein längerer Aufenthalt in Innsbruck gewährt werden sollte:
Erstens sei damit zu rechnen, dass die „Defilierung“ vor dem Kaiser bis 17 Uhr dau-
ern würde, danach die Kompanie noch „beköstiget“ werden müsse und somit der
fünf- bis sechsstündige Rückmarsch erst am Abend angetreten werden könne. Auch
die geordnete Rückgabe der Leihgewehre – inklusive Überprüfung derselben – beim
Landgerichtssitz in Mieders nehme zusätzliche Zeit in Anspruch. Außerdem könne
„man dem Schützen, der bei der Erbhuldigung paradierte nicht wohl verbiethen die
nächtliche Prachtbeleuchtung zu beschauen, die er wahrscheinliche in seinem Leben
nicht mehr siehet“, und schließlich, so befürchtete Pfurtscheller, würde er als Haupt-
mann durch den frühen Rückmarsch „compromitiret“, da er der Mannschaft be-
reits versprochen habe, dass sie erst am 13. August nach Hause würde zurückkehren
müsse.819 Mit diesen Argumenten hatte Pfurtscheller Erfolg. Am 7. August teilte das
Landespräsidium – Pfurtschellers Bittschreiben war vom Landgericht Mieders an das
Kreisamt in Schwaz und von diesem an das Landespräsidium weitergeleitet worden –
dem Landgericht in Mieders die ensprechende Entscheidung mit.820 Wie lange genau
eine sogenannte „Rangierungs-Liste“, in der die Aufmarschordnung für den 12. April noch einmal
präzisiert wurde. (Vgl. „Rangierungs-Liste“, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II, Bund 2,
Nr. 31.) – Eduard Freiherr von Sternbach (1788–1846) war im Zuge der napoleonischen Kriege
in der kaiserlichen Armee zum Hauptmann aufgestiegen, 1828 in den Ruhestand getreten. (Vgl.
Wurzbach, Lexikon, Bd. 38, 1879, S. 249 f.)
816 Vgl. [Weber], Denkbuch 1838, 1839, S. 70–73.
817 Vgl. ebd., S. 80.
818 Gemäß einer Anordnung des Landespräsidiums sollten die Kompanien aus den „nahe gelegenen“
Landgerichten Sonnenburg, Hall und Mieders „noch am 12. nach vollendeter Feyerlichkeit“ nach
Hause zurückkehren. Die übrigen sollten in Innsbruck übernachten und erst am 13. August heim-
kehren. (Vgl. KA Schwaz an LG Mieders, 28. Juli 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46,
1838–1839, Abt. XVI – 1838.)
819 Vgl. Pfurtscheller an LG Mieders, 3. August 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–
1839, Abt. XVI – 1838.
820 Vgl. Landespräsidium an LG Mieders, 8. August 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46,
1838–1839, Abt. XVI – 1838. – Durch das als Abschrift ebenfalls erhaltene, von Landrichter von
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435