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3.5. 1848 277
destheile abzusenden sind, um der Sache einen kräftigen Impuls zu geben und um
in Übereinstimmung mit den Behörden zur Erreichung des Zweckes [der Landes-
verteidigung] mitzuwirken“, so das Sitzungsprotokoll vom 28. März.945 Im Zuge der
Reorganisation der Landesverteidigungskoordination durch den Erzherzog erfolgte
dann nochmals eine Nominierung von „Defensionskommissären“, die dann in wei-
terer Folge die Landesschutzdeputation ersetzen sollten, da diese „kein Ansehen und
Vertrauen besitze“, so Johann.946
Auch im Stubaital gestalteten sich die Werbungsbestrebungen der Landesschutz-
deputation nicht ganz unproblematisch. Bereits eine Woche nachdem er das Mandat
der Deputation als Defensionskommissär angenommen hatte,947 erstattete Michael
Pfurtscheller sichtlich enttäuscht Bericht an seine Auftraggeber. Es war offensicht-
lich zu Kompetenzkonflikten zwischen ihm und dem Landgericht gekommen. Er
beklagte, von diesem nicht in die Freiwilligenwerbung einbezogen worden zu sein.
Selbst in Fulpmes habe man ihm lediglich „pro Forma“ gestattet mitzuwirken. Da
jedoch das Landgericht nicht das Vertrauen der Bevölkerung genieße, hätte die Wer-
bung bislang auch nur ein sehr karges Resultat gezeigt. In Mieders hätten sich, so
Pfurtscheller, nur drei bis vier Freiwillige gemeldet, in Ellbögen und Telfes gar keine,
945 Sitzungsprotokoll der Landesschutzdeputation Nr. 1, 28. März 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landes-
schutzdeputation, Fasz. 262. – Bereits am 29. März 1848 war an „Herrn Pfurtscheller“ der Aufruf
ergangen, sich als Defensionskommissär zur Verfügung der Landesschutzdeputation zu stellen. Ad-
ressiert wurde das Schreiben wohl an den Fabriksbesitzer Pfurtscheller in Fulpmes. (Vgl. Sitzungs-
protokoll der Landesschutzdeputation Nr. 1, 28. März 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landesschutz-
deputation, Fasz. 262.) Von diesem Aufruf angesprochen fühlte sich offenbar Johann Pfurtscheller,
Michael Pfurtschellers Sohn, der seit 1844 das Metallwarengeschäft leitete. (Vgl. TLA, VB Stubai,
34/318, Bl. 692–713.) Als Johann Pfurtscheller in einem Schreiben vom 1. April 1848 an die Lan-
desschutzdeputation darauf hinwies, dass ihm die Erfüllung der Aufgaben eines Defensionskom-
missärs im Hinblick auf seine beruflichen Tätigkeiten lediglich eingeschränkt möglich sein würde,
entgegnete die Landesschutzdeputation am 2. April 1848, dass man ohnehin seinen „Herrn Vater
im Sinne“ gehabt hätte, „dessen Namen schon aus alter gefahrvoller Zeit im Vaterlande rühmlichst
bekannt ist.“ (Briefwechsel Johann Pfurtscheller und Landesschutzdeputation, 1./2. April 1848,
TLA, Abt. LV., 1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 8.) In seinem Schreiben an die Lan-
desschutzdeputation vom 4. April 1848 nimmt Michael Pfurtscheller das Amt des Defensionskom-
missärs an: „Schlüßlich Erkläre mich bereit – also gleich jetzt zur Zeit der Gefahr den bedrängten
Vaterlande meine Dienste zu Wiedmen […].“ (Michael Pfurtscheller an Landesschutzdeputation, 4.
April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 34.)
946 Vgl. Abschrift Bericht Erzherzog Johanns an Unbekannt, 5. Mai 1848, TLMF-Bib., Tirolensien-
sammlung Erzherzog Johann, Mai 1848, FB 2078, Nr. 16, S. 5; sowie: Sitzungsprotokoll Landes-
schutzdeputation Nr. 16, 15. April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262,
Nr. 16.
947 Vgl. Michael Pfurtscheller an Landesschutzdeputation, 4. April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landes-
schutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 34.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435